Partnerstadt Mersin: Oberhausener Linke protestiert gegen Festnahme von HDP-Mitgliedern

Die Linke im Oberhausener Stadtrat protestiert gegen die Festnahme von HDP-Mitgliedern in Mersin und fordert ihre sofortige Freilassung. Um zu verhindern, dass die Opposition im Vorfeld der Wahlen ausgeschaltet wird, brauche es jetzt starke Solidarität.

Die Linke im Oberhausener Stadtrat protestiert gegen die Festnahme von Mitgliedern der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Mersin und fordert ihre sofortige Freilassung. „Kaum ein Tag vergeht, an dem in der Türkei keine linken und prokurdischen Oppositionellen festgenommen werden“, kritisiert Yusuf Karacelik, Fraktionsvorsitzender der Linken in Oberhausen. Seit 2004 existiert eine Städtepartnerschaft zwischen der Ruhrmetropole und der südtürkischen Küstenprovinz. Bereits seit 1996 findet ein regelmäßiger Jugendaustausch zwischen beiden Städten statt. Linke und HDP verstehen sich zudem als Schwesterpartei.

Am Mittwoch hatte die Generalstaatsanwaltschaft Mersin die Festnahme von zwölf Personen angeordnet, unter ihnen lokale Spitzenpolitikerinnen und -politiker in den Bezirken Toroslar, Akdeniz und Yenişehir. Die Behörde wirft ihnen „Propaganda für und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ vor. Einheiten des Dezernats für „Terrorbekämpfung“ hatten noch früh morgens etliche Wohnungen in Mersin gestürmt und neun Personen festgenommen: die Ko-Vorsitzende des HDP-Kreisverbandes von Toroslar, Zahide Aslan Tekin; die Doppelspitze der HDP Akdeniz, Sevim Müjde und Nizar Esen; die Chefin der HDP Yenişehir, Gülten Bahar; die HDP-Vorstandsmitglieder Emine Eren, Ferhat Alkan, Hüsnü Boz und Sakine Ertaş sowie Hıdır Berk (CHP) aus dem Stadtrat von Toroslar.

Da über die Ermittlungsakte eine Geheimhaltungsverfügung verhängt worden ist und ein 24-stündiges Anwaltsverbot für die Festgenommenen angeordnet wurde, waren die Hintergründe des Verfahrens bis gestern noch unklar. Inzwischen steht zumindest im Fall von Ferhat Alkan fest, dass die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen im Zusammenhang mit dem sogenannten „Kobanê-Verfahren“ von Ankara stehen. In dem sich seit April 2021 ziehenden Mammutprozess werden insgesamt 108 Angeklagte, darunter der gesamte HDP-Vorstand von 2014, „terroristischer Straftaten“ bei den Protesten während des IS-Angriffs auf Kobanê im Oktober 2014 beschuldigt. Allein für den früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş werden bis zu 15.000 utopische Jahre Haft gefordert.

Alkan wurde am Donnerstag über ein Videokonferenzsystem in der Antiterrorzentrale Mersin von der Oberstaatsanwaltschaft Ankara vernommen und auf Anordnung der Strafabteilung des Amtsgerichts auf freien Fuß gesetzt. Die restlichen acht Personen befinden sich nach wie vor in Gewahrsam. Wann sie an ein Gericht überstellt werden sollen, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft verweigert jegliche Auskunft.

Yusuf Karacelik bezeichnet die gegen die Festgenommenen erhobenen Terrorvorwürfe als konstruiert. Sie dienten als Vorwand für die Kriminalisierung der HDP. „Dies ist ein gängiges Mittel des Regimes, wie auch schon Journalisten und Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen aus Deutschland erfahren mussten“, so der Politiker. „Das AKP/MHP-Regime versucht mit allen Mitteln, die HDP durch Repression im Hinblick auf die kommenden Wahlen bereits im Vorfeld auszuschalten.“ Damit dies nicht gelingt, brauche es starke internationale Solidarität mit der HDP und der gesamten fortschrittlichen Zivilgesellschaft, so Karacelik.

Auch Bedriye Kuş, Ko-Vorsitzende des Provinzverbands der HDP Mersin, äußerte den Verdacht, dass die örtlichen Führungskräfte ihrer Partei unrechtmäßig festgenommen worden seien. „Die derzeitige Regierung schreckt nicht davor zurück, die Justiz als Mittel der Liquidierung gegen alle Verfechter:innen der Demokratie und der Freiheit zu benutzen, insbesondere gegen die HDP“, erklärte Kuş auf einer Pressekonferenz zu der Festnahmeoperation. Das Palastregime benutze die Justizorgane als Mittel, um die Opposition „zu unterdrücken, zurückzudrängen und wenn möglich, zu vernichten“. Das Regime in Ankara bezeichnete Kuş als eine „faschistische Regierung“, welche Legislative, Exekutive und Judikative als grobe Gendarmerie benutze, um die Lebensdauer ihrer Macht zu verlängern. „Als Ergebnis dieser Politik versucht diese Regierung, unsere Partei mit speziellen Methoden der psychologischen Kriegsführung unter Druck zu setzen, indem sie unsere Presseerklärungen, Demonstrationen und Aufmärsche, die unsere demokratischsten Rechte sind, behindert und uns unserer demokratischen Rechte beraubt.“