Osman Kavala erneut verhaftet

Der am Dienstag im Gezi-Prozess freigesprochene Kulturmäzen Osman Kavala ist in Istanbul erneut verhaftet worden. Jetzt wird ihm Beteiligung am dreieinhalb Jahre zurückliegenden Putschversuch in der Türkei vorgeworfen.

Osman Kavala ist erneut verhaftet worden. Der Bürgerrechtler und Kulturförderer war am Dienstag kurz nach seinem Freispruch im Prozess um den Gezi-Aufstand wegen eines anderen Verfahrens festgenommen und aus dem Gefängnis in Silivri zur Polizeidirektion in Istanbul gebracht worden.

Das neue Verfahren dreht sich um den Putschversuch im Juli 2016. Kavala wird der versuchten Zerstörung der verfassungsrechtlichen Ordnung beschuldigt. Der Haftbefehl wird mit der Schwere der Straftat, der Beweislage und Fluchtgefahr begründet.

Osman Kavala befindet sich seit 28 Monaten in Untersuchungshaft. Während nach seinem Freispruch am 18. Februar auf seine Haftentlassung gewartet wurde, ordnete die Generalstaatsanwaltschaft Istanbul seine Festnahme an.

Gegen drei der Richter, die am Dienstag alle Angeklagten im Gezi-Prozess freigesprochen haben, sind vom türkischen „Rat der Richter und Staatsanwälte“ Ermittlungen eingeleitet worden. Die Freisprüche sollen von Inspektoren nach Fehlern untersucht werden, über die Richter wird später anhand des Untersuchungsberichts entschieden.

Gezi-Proteste

Die Gezi-Proteste begannen im Mai 2013 gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks, der unmittelbar an den Taksim-Platz angrenzt. Die lokalen Proteste weiteten sich schnell zu einer landesweiten Widerstandsbewegung gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan aus, nachdem die Polizei hart gegen die Bürgerinitiative und solidarische Umweltaktivist*innen vorgegangen war. Schließlich wurde die Bewegung blutig niedergeschlagen – elf Menschen starben, Tausende weitere wurden verletzt.

Wer ist Osman Kavala?

Osman Kavala ist Gründer der Kulturstiftung Anadolu Kültür, mit der insbesondere Projekte von ethnischen und religiösen Minderheiten gefördert werden, oftmals mit internationaler Ausrichtung. Zu seinen Anliegen gehören unter anderem die Aussöhnung zwischen der türkischen und der armenischen Bevölkerung und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage. Die Stiftung arbeitet auch mit mehreren deutschen Institutionen wie dem Goethe-Institut in Istanbul zusammen. Zudem ist Kavala als Sponsor von Amnesty International bekannt.

Kurz nach der Festnahme Kavalas nannte ihn Staatspräsident Erdoğan abfällig den „türkischen Soros“ in Anspielung auf den US-amerikanischen Kulturstifter George Soros. In einer Rede warf er Kavala einen Versuch der „Spaltung der Nation“ vor. Hinter ihm stehe „der berühmte ungarische Jude Soros. Dies ist der Mann, der Leute um die Welt schickt, um Nationen zu spalten“, sagte Erdoğan. Soros beendete daraufhin die Arbeit seiner Stiftung in der Türkei.