Der kurdische Aktivist Özgür A. ist zurzeit vor dem OLG Koblenz wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der PKK angeklagt. Er ist seit seiner Festnahme am 29. April 2022 in Bremen in menschenrechtswidriger Isolationshaft. Solidarische Prozessbeobachter:innen berichten gegenüber ANF über den Verlauf des §129a/b-Verfahrens am Donnerstag.
Wie am letzten Prozesstag vor der Winterpause angekündigt, wurden bei der gestrigen Sitzung zur Beweisaufnahme zwei weitere Landeskriminalbeamte befragt. Diese waren bei der Festnahme von Özgür A. anwesend und führten die spontan angeordnete Durchsuchung der Wohnung durch. Es handelt sich um den Fotografen, einen Beamten des LKA aus Bremen, und einen Beamten des LKA Hamburg, der maßgeblich für die Durchsuchung und Bewertung der Asservate zuständig war. Bei der Befragung der Zeugen ging es vor allem um die beschlagnahmten Asservate aus dem Zimmer, das vermeintlich das Zimmer von Özgür A. gewesen sein soll.
Die beiden Zeugen wurden zu den Umständen der Durchsuchung befragt. Wie so häufig, konnten sich beide an wichtige Details nicht erinnern. Ihnen sowie den weiteren Prozessbeteiligten wurden die sichergestellten Gegenstände gezeigt.
Bargeld in Höhe einer Monatsmiete ausreichend für Terrorismusverdacht
Dabei konnten nicht alle Gegenstände zweifelsfrei Özgür A. zugewiesen werden. Dennoch wird unter anderem auf diesen Beweismitteln die Anklage aufgebaut. So ist sichergestelltes Bargeld in einem (Reise-)Koffer, welches bis dato nicht zweifelsfrei dem Angeklagten zugesprochen werden konnte, ein Beweismittel, das die perfide Denk- und Arbeitsweise der deutschen Repressionsbehörden zeigt: 1200 Euro Bargeld, in der Wohnung eines Kurden gefunden, reichen in Deutschland für den Verdacht, in „terroristische Strukturen“ eingebunden zu sein, anscheinend aus. Das ist in etwa die monatliche Bruttomiete für eine durchschnittliche Wohnung in Bremen.
Die Zeugen bestätigten zwar beide, dass ein weiterer Bewohner der Wohnung vor Ort ausgesagt hatte, dass es sich um seinen Koffer und sein Geld handele, sie sind aber der Auffassung, dass dies gelogen sei. Eine abschließende Beurteilung zu diesem Punkt steht aus. Beide Zeugen wurden nach relativ kurzer Befragung entlassen.
Am Ende des Verhandlungstages wurde den Prozessbeteiligten eine Liste mit Datensätzen der Telekommunikationsüberwachung übergeben, welche in den kommenden Wochen Teil des Verfahrens werden sollen. Außerdem wurden der Verteidigung die Ergebnisse der Fingerabdruckentnahme an besagtem Bargeld und Koffer zum Selbstleseverfahren überreicht.
Das Verhandlung wurde an diesem Tag bereits gegen zwölf Uhr geschlossen. Der nächste Termin vor dem OLG Koblenz findet am 9. Januar um 9.30 Uhr statt.