Protest gegen Angriffe in Kurdistan
In diesen Zeiten vielfältiger Kriege und Krisen ist es gewiss nicht einfach, den türkischen Angriffskrieg in Kurdistan in die deutsche Öffentlichkeit zu tragen. Dieser „Spezialkrieg niedriger Intensität" wird von den Medien in der Regel ignoriert. Wen interessiert es, wenn die türkische Armee täglich Menschen ermordet, Infrastruktur zerstört und die Zivilbevölkerung terrorisiert? Die Hintergründe scheinen zu komplex für das Publikum und alles ist zu weit weg. Und so beschränken sich Pressemeldungen auf das vermeintlich Spektakuläre. Erst wenn ein Anschlag auf den größten Kriegswaffenproduzenten der Türkei verübt wird, ist das eine Nachricht wert und es wird spekuliert, wer dahinterstecken könnte. Am nächsten Tag dann die fast erleichterte Meldung, die PKK habe sich bekannt. Abgehakt, man geht zur Tagesordnung über. Wenn Erdoğan daraufhin Nord- und Ostsyrien und den Nordirak in Schutt und Asche bombardieren lässt, zählt dies als „legitime Selbstverteidigung" gegen „PKK-Nester“. Das scheint dann schon in Ordnung zu sein. Schließlich wird die Legende von der „terroristischen“ PKK unter Journalist:innen von Generation zu Generation weitergegeben. Und für weitere Recherchen fehlt auch die Zeit…
Wen interessiert es also, wenn auf Straßen und Plätzen die Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen in Kurdistan angeprangert werden? Die Passanten sind sowieso abgestumpft durch die medial allseits präsenten Kriege in der Ukraine, in Palästina und im Libanon. Wer will da noch von den Bomben auf Kurdistan hören?
Und dennoch stehen auch in diesen Tagen wieder Kurd:innen und solidarische Internationalist:innen auf Straßen und Plätzen, wie zum Beispiel in Nürnberg. Sie gedenken der Opfer der türkischen Drohnen und Bomben, beklagen das Leid der Zivilbevölkerung durch den Staatsterror, verurteilen die völkerrechtswidrige Besatzung. Vor allem skandalisieren sie die Beihilfe des deutschen Staates durch jetzt nochmal massiv aufgestockte Waffenlieferungen. „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt.“ Seit Jahren wird dieser Vorwurf wiederholt, seit Jahren ändert sich nichts. Der deutsche Staat sieht sich an der Seite der Türkei, wie Bundeskanzler Scholz erst vor ein paar Tagen beim Besuch in Ankara versicherte – egal welcher Autokrat da gerade an der Macht ist. Schmutzige Deals, NATO und diverse staatliche Interessen sind wichtiger als Menschenrechte. Die „wertebasierte Außenpolitik“ war schon immer eine hohle Phrase.
Und trotz alledem ist Resignation kein Thema. Wenn die Wut zu groß wird, treibt es die Menschen hinaus. Anschreien gegen das Unrecht, der Versuch einer Aufklärung, die Hoffnung, Gehör zu finden und die Mauer des ignoranten Schweigens zu durchbrechen. Das vielleicht Wichtigste bei diesen Protestkundgebungen ist das Wissen, man ist nicht alleine. In sehr vielen Städten sind Freunde und Freundinnen unterwegs, die das Gleiche erleben und fühlen. Sie alle schöpfen Hoffnung aus dem Wissen, Teil einer Bewegung zu sein mit dem Leitspruch „Widerstand ist Leben - Berxwedan Jiyan e“. Es ist dieser widerständige Geist, der Kraft verleiht und keine Kapitulation akzeptiert.