Die Guerillakämpfer:innen Canda Çiya und Mazlum Rojhilat sind im Oktober vergangenen Jahres bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in der nordkurdischen Serhed-Region gefallen. Das teilt das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) mit:
„Am 20. Oktober 2022 kam es im Zuge einer feindlichen Operation im Gebiet Kirê Halac bei Gilîdax zu heftigen Gefechten mit unseren Kräften und der türkischen Besatzerarmee. Unsere Kräfte führten effektive Aktionen in dem Gebiet durch. Der Feind wurde viermal über Sabotagetaktik gezielt getroffen, es wurde festgestellt, dass mindestens vier Besatzer bestraft und ein Besatzer schwer verwundet wurden. Bei diesem Gefecht und im Verlauf der Aktionen sind unsere Weggefährt:innen Canda und Mazlum im mutigen Kampf gefallen. Sie haben dem Feind schwere Schläge versetzt und sind als konkreter Ausdruck des apoistischen Willens keinen Schritt vor der feindlichen Technik und den Angriffen zurückgewichen. Damit sind sie zu Anführer:innen unseres Widerstands in Bakurê Kurdistanê [Nordkurdistan] geworden.“
Die HPG weisen darauf hin, dass die Gefallenen aus Rojava und Rojhilat (West- und Ostkurdistan) stammten und in Bakur kämpften. Canda Çiya und Mazlum Rojhilat hätten sich mit ihrem Mut und ihrer Verbundenheit mit dem kurdischen Freiheitskampf als beispielhafte Militante erwiesen, die Erinnerung an sie lebe im Kampf weiter. Den Angehörigen, der Bevölkerung von Rojava und Rojhilat und dem gesamten Volk Kurdistans sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus.
Zur Identität der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:
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Codename: Canda Çiya
Vor- und Nachname: Jiyan Abdullah
Geburtsort: Tirbespiyê
Namen von Mutter und Vater: Menifa–Mihemed Xêr
Todestag und -ort: 20. Oktober 2022 / Serhed |
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Codename: Mazlum Rojhilat
Vor- und Nachname: Solad Direxşanî
Geburtsort: Makû
Namen von Mutter und Vater: Kudret–Ali
Todestag und -ort: 20. Oktober 2022 / Serhed |
Canda Çiya
Canda Çiya ist in Tirbespiyê geboren. Ihre Familie hatte seit den 1990er Jahren Verbindungen zur kurdischen Befreiungsbewegung und Canda kannte die PKK bereits als Kind. Vor allem ihre Mutter war Abdullah Öcalan sehr verbunden und brachte ihr den Frauenbefreiungskampf näher. Sie erzählte ihr von Öcalan, den Gefallenen und der Guerilla, und Canda wartete sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie sich selbst der Guerilla anschließen würde. Als die Revolution von Rojava begann, sah sie sich für die Freiheit ihres Volkes verantwortlich und nahm daran teil. Zusammen mit ihrer später gefallenen Kindheitsfreundin Zîlan trat sie den Freiheitskämpferinnen in Rojava bei. Von Anfang an machte sie dabei deutlich, dass sie für ganz Kurdistan kämpfen und sich nicht auf einen Landesteil beschränken will. Zunächst beteiligte sie sich aktiv an der Front am Widerstand gegen den IS, danach ging sie in die Berge und hielt sich ein Jahr in Heftanîn auf. In dieser Zeit vermittelte sie anderen ihre Erfahrungen im Städtekrieg und gewöhnte sich an das Leben in den Bergen. Nach einer Weiterbildung mit Schwerpunkt Frauenbefreiung kam sie nach Qendîl, wo sie weitere Erfahrung gewann. Wie sie selbst sagte, begann sie in dieser Zeit, eine fähige Militante der Frauenguerilla YJA Star zu werden. Unter dem Eindruck des Hungerstreiks gegen die Isolation von Abdullah Öcalan ging sie 2019 auf eigenen Vorschlag nach Nordkurdistan und kämpfte bis zuletzt in der Serhed-Region.
Mazlum Rojhilat
Mazlum Rojhilat ist in Makû geboren und in einem von der Verbundenheit mit der kurdischen Kultur geprägten Umfeld aufgewachsen. Er lernte bereits früh Kader der Befreiungsbewegung kennen und die Guerilla hatte eine magische Anziehungskraft für ihn. Gleichzeitig erlebte er als junger Kurde Ausgrenzung und Herabsetzung. Ihm wurde die Politik des iranischen Regimes bewusst, mit der sein Volk unterdrückt und von seiner Identität entfremdet werden sollte. Als sich seine Schwester der Guerilla anschloss, wurde sein Interesse an der Bewegung und den Ideen von Abdullah Öcalan noch größer. Ein Jahr später wollte er selbst in die Berge gehen, wurde jedoch als zu jung erachtet. In seiner Schulzeit verleugnete er seine eigene Identität und wurde zum „Agenten des Regimes“, wie er selbst sagte. Als ihm das klar wurde, brach er seine Schullaufbahn ab und schloss sich 2015 in Serhed der Guerilla an. Direkt danach wurde der Friedensprozess durch den türkische Staat beendet und Mazlum konnte seine Ausbildung als neuer Kämpfer nicht beenden. Stattdessen wurde er in Praxis ausgebildet und lernte von seinen Mitkämpfer:innen. Er nahm an den offensiven Prozessen in Serhed teil und trug effektiv zu Aktionen gegen den Feind bei. Als bereits gereifter Guerillakämpfer kam er später in die Medya-Verteidigungsgebiete und leistete im Zagros-Gebirge Widerstand gegen die türkischen Vernichtungsangriffe. Der genossenschaftliche Umgang miteinander hatte für ihn einen sehr hohen Stellenwert und er zeigte große Anstrengungen, um die Ideologie Abdullah Öcalans in seiner eigenen Persönlichkeit zu verankern. An einer Guerillaakademie setzte er sich mit den Erfordernissen des modernen Guerillakampfes auf ideologischer, organisatorischer und militärischer Ebene auseinander und zeigte dabei sowohl Begeisterung als auch Kontinuität. 2019 ging er zurück nach Serhed, wo er bis zuletzt mutig und vorbehaltlos kämpfte.