Nach Tötung von Arkan - Prozessbeginn in Lüneburg
Heute beginnt in Lüneburg der Prozess um den Mord an dem 15-jährigen ezidischen Jungen Arkan Hussein Khalaf, der im April von einem Deutschen in Celle erstochen wurde.
Heute beginnt in Lüneburg der Prozess um den Mord an dem 15-jährigen ezidischen Jungen Arkan Hussein Khalaf, der im April von einem Deutschen in Celle erstochen wurde.
Vor dem Lüneburger Landgericht beginnt heute der Prozess um den Tod von Arkan Hussein Khalaf aus Celle. Der 15-jährige ezidische Flüchtling und Überlebende des Genozids in Şengal war vor einem halben Jahr mit einem Stich ins Herz getötet worden. Angeklagt ist ein zum Tatzeitpunkt 29 Jahrer alter Deutscher, dem lediglich Totschlag vorgeworfen wird. Er ist seit der Tat einstweilig untergebracht.
Es ist der Abend des 7. April, ein Dienstag. Arkan ist mit einem Freund in der Innenstadt auf dem Fahrrad unterwegs. Auf der Bahnhofstraße taucht der mit einem Messer bewaffnete Angeklagte wie aus dem Nichts auf, rammt dem Jungen ohne Vorwarnung eine Klinge mitten ins Herz. Arkan schleppt sich noch ein paar Meter davon, bricht dann aber auf dem Bürgersteig zusammen. Sein Freund kann den Angreifer festhalten, bis die Polizei eintrifft. Daniel S. wird festgenommen, während Arkan ins Krankenhaus gefahren wird. Dort stirbt er jedoch an seinen Verletzungen.
Früh haben die Polizei Celle und die Staatsanwaltschaft Lüneburg allerdings für Unverständnis gesorgt, indem sie noch nicht einmal 24 Stunden nach dem Tod von Arkan davon sprachen, dass die Ermittlungen „in keiner Hinsicht Anhaltspunkte für eine ausländerfeindliche oder politisch motivierte Tat“ liefern würden. Vielmehr habe sich der Beschuldigte „in Verkennung der Sachlage infolge seiner psychischen Erkrankung bei Begehung der Tat von dem Radfahrer massiv bedroht gefühlt und im Zustand der nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit gehandelt”, heißt es auch in der Anklageschrift. Deshalb strebt die Ermittlungsbehörde eine Unterbringung des geständigen Deutschen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an – trotz einer Nähe zu rechtsextremen Verschwörungstheorien der QAnon-Ideologie, auf die sich bereits der Attentäter von Hanau bezog, wie eine Recherche der ZEIT ergeben hatte. Nach den psychiatrischen Gutachten sei zur Tatzeit bei dem heute 30-Jährigen von einer erheblich eingeschränkten oder sogar einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit aufgrund einer psychotischen Störung im Zusammenhang mit Drogenkonsum auszugehen. Dabei bestehe die Gefahr erneuter gewalttätiger Übergriffe. Die Theorie des verwirrten Einzeltäters also.
Die Verhandlung beginnt um 9.30 Uhr vor der 4. großen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg als Schwurgericht. Die Celler Politikerin Behiye Uca, die für die Partei DIE LINKE in Kreistag und Stadtrat sitzt, sowie die ezidische Gemeinde aus Niedersachsen werden schon um 8.30 Uhr vor dem Landgericht Lüneburg sein. „Um der Familie unsere Solidarität zu zeigen und Kerzen für Arkan anzuzünden. Der Täter muss seine gerechte Strafe kriegen.” Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage angesetzt. Die Fortsetzungstermine sind auf den 14., 21. und 23. Oktober sowie für den 6. und 11. November 2020, jeweils um 9.30 Uhr in Saal 21 bestimmt.