München: Kurdische Aktivistin wegen Öcalan-Porträt verurteilt

Die Aktivistin Zübeyde Akmese ist in München zu einer Geldstrafe von 2700 Euro wegen des Zeigens verbotener Symbole verurteilt worden. Gemeint sind Porträts von Abdullah Öcalan bei Protesten gegen die Sicherheitskonferenz und den Krieg in Südkurdistan.

Die kurdische Aktivistin Zübeyde Akmese ist in München zu einer Geldstrafe in Höhe von 2700 Euro verurteilt worden, weil sie bei Protesten Porträts von Abdullah Öcalan zeigte. Das Amtsgericht sah den Straftatbestand der Verwendung verbotener Symbole als erfüllt und verurteilte die 66-Jährige zu 180 Tagessätzen à 15 Euro. Akmese und ihr Anwalt Dirk Asche kündigten Rechtsmittel an.

Zübeyde Akmese war angeklagt, bei drei Versammlungen im vergangenen Jahr das Konterfei des kurdischen Vordenkers teils mit der Aufschrift „Freedom for Öcalan” gezeigt und damit gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben. Im Einzelnen: bei einer Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz am 15. Februar 2020, bei einer Kundgebung für die Freiheit von Abdullah Öcalan am 10. März und bei einem Protest gegen den türkischen Angriffskrieg in Südkurdistan am 20. Juni 2020. Bei der letzten Versammlung hatte sie Fotos von der Kundgebung mit ihrem Handy gemacht. Dabei sah ein türkischstämmiger Münchner Staatsschutzpolizist, Hakan Demir, einen Öcalan-Aufkleber auf der Rückseite ihrer Smartphone-Hülle und zeigte sie an.

Staatsanwalt fordert drei Jahre Bewährung

Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre. Das Öcalan-Bild mit der Aufschrift „Freedom for Öcalan” sei kein humanitäres Anliegen, sondern ein politisches Statement mit PKK-Bezug. Auch dass eines der Öcalan-Bilder im Hintergrund einen Regenbogen zeige, sei ein Zeichen für Vielfalt und damit keine humanitäre Forderung, so die Auffassung der Münchner Staatsanwaltschaft.

Zübeyde Akmese vor dem Amtsgericht München

„PKK-Expertin” hat keine Ahnung

Als Zeugin trat Sarah Bunk vom Bundesinnenministerium auf. Sie wurde dem Gericht als Sachverständige benannt und referierte wie üblich in diesen Verfahren ein paar allgemeine Fakten zur PKK und zu Abdullah Öcalan. Abbildungen von Öcalan seien zum Kennzeichen der Organisation geworden, das Zeigen würde Versammlungsteilnehmer:innen stets emotionalisieren. Sozialadäquat, also nicht verboten, sei das Zeigen von Öcalan-Bildern nur, wenn es um humanitäre Anliegen, seine Haftbedingungen gehe. Auf Nachfrage des Verteidigers konnte die „Expertin” allerdings weder beantworten, wie viele Mitglieder der PKK-Exekutivrat außer Cemil Bayik hat noch ob und mit wem Abdullah Öcalan aus der Haft heraus kommunizieren darf.

Akmese: Isolation ist Folter

Rechtsanwalt Dirk Asche forderte für seine Mandantin Freispruch in allen angeklagten Fällen. Das Grundgesetz erlaube die Meinungsäußerung für die Freiheit Abdullah Öcalans, auch wenn es nicht um seine Haftbedingungen geht. Zübeyde Akmese selbst erklärte, dass sie sich auch weiterhin für die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan einsetzen wolle. Seit 22 Jahren wird der PKK-Begründer bereits auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in politischer Geiselhaft gehalten, die meiste Zeit in völliger Isolation. „Isolation ist Folter und verletzt die Menschenwürde”, sagte die Aktivistin. Zudem wirke sich das „Imrali-System” inzwischen auf die gesamte Gesellschaft aus und rücke eine politische Lösung der kurdischen Frage in die Ferne. Deshalb werde sie „als Kurdin und aus humanistischer Überzeugung” von ihrer Forderung nach einem Ende der Isolation von Abdullah Öcalan nicht absehen. Zübeyde Akmese ist alevitische Kurdin und erlebte in der Türkei aufgrund ihrer Herkunft Folter und Gewalt, weshalb sie nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in die Bundesrepublik floh.

Richterin: „Es zeigt eine gewisse Renitenz....”

Die Amtsrichterin verurteilte Akmese in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, insgesamt 2.700 Euro. „Ich halte es nicht für richtig, eine Freiheitsstrafe auszusprechen”, hieß es. Die Smartphone-Hülle mit dem Öcalan-Aufkleber ließ die Richterin einziehen. Akmese hätte das Handy vermutlich absichtlich hochgehalten. „Es zeigt eine gewisse Renitenz, die Sie hier an den Tag legen, um zu zeigen, ich will das hier durchziehen”, so die Richterin. Im Fall der Kundgebung „Freiheit für Öcalan” wurde die Aktivistin freigesprochen, weil kein Bezug zur PKK nachweisbar sei.

Strafbarkeit für allgemeinpolitische Forderungen

Rechtsanwalt Dirk Asche kritisierte nach der Verhandlung, dass auch allgemeinpolitische Forderungen beim Zeigen eines Öcalan-Porträts kriminalisiert würden. „Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die Linie, dass, so wie ein Öcalan-Porträt mit einer allgemeinpolitischen Forderung der kurdischen Frage verknüpft wird, das ganze eine Strafbarkeit bestehen lässt. Das halte ich mit der Meinungsfreiheit nicht vereinbar.” Aus diesem Grund sei eine höhergerichtliche Rechtsprechung dringend erforderlich.