Ministerkomitee fordert erneut Freilassung von Demirtaş
Das Ministerkomitee des Europarats hat erneut die sofortige Freilassung des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş gefordert.
Das Ministerkomitee des Europarats hat erneut die sofortige Freilassung des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş gefordert.
Das Ministerkomitee des Europarats hat zum wiederholten Mal die Freilassung des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş gefordert. Bei seiner dreitägigen Sitzung in Straßburg zwischen dem 29. November und 2. Dezember äußerte das Gremium seine „tiefe Besorgnis“ darüber, dass dem früheren Ko-Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP) seit inzwischen fünf Jahren ununterbrochen die Freiheit entzogen wird, und kritisierte, dass die türkische Justiz die Freilassung des 48-Jährigen entgegen einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) weiterhin verweigert. Demirtaş war im November 2016 zusammen mit Figen Yüksekdağ verhaftet worden. Zuvor war die Immunität von Demirtaş als Abgeordneter aufgehoben geworden.
Das Ministerkomitee ordnet die Inhaftierung von Demirtaş als politisch motiviert ein. Im Factsheet dazu wird der Fall als „ungerechtfertigte Inhaftierung des Klägers ohne begründeten Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, und mit der Absicht, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken und die Freiheit der politischen Debatte einzuschränken“ bewertet. Hinzu komme die „unvorhersehbare Aufhebung der parlamentarischen Immunität und anschließende strafrechtliche Verfolgung, um den Kläger wegen politischer Äußerungen zu bestrafen.“
Bereits 2018 hatte das Straßburger Gericht die Freilassung von Selahattin Demirtaş angeordnet, weil die lange Untersuchungshaft ungerechtfertigt sei. Die Türkei setzte das Urteil aber nicht um. Der Fall landete vor der Großen Kammer des EGMR, also vor der höchsten Instanz des Straßburger Gerichts. Diese ordnete im Dezember 2020 die sofortige Haftentlassung des Politikers an.
Vertragsverletzungsverfahren wegen Kavala
Im Konflikt um den seit vier Jahren ohne Gerichtsurteil inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala hat der Europarat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet (ANF berichtete). Hintergrund des Verfahrens ist auch hier die fortgesetzte Weigerung Ankaras, Kavala aus der Haft zu entlassen. Der EGMR hatte schon vor rund zwei Jahren die Freilassung des Bürgerrechtlers angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft.
Türkei: Einmischung in unabhängige Justiz vermeiden
Das Außenministerium in Ankara warf dem Ministerkomitee Voreingenommenheit vor. „Wir fordern den Europarat auf, weitere Schritte zu vermeiden, die eine Einmischung in die unabhängige Justiz bedeuten würde.“ Man halte es für einen inkonsistenten Ansatz, Kavala weiterhin auf der Tagesordnung zu halten, während auch andere Staaten Urteile nicht umsetzten. Der Europarat agiere nicht auf Basis von legalen und gerechten Kriterien, sondern von politischen Erwägungen.
Europarat fordert Gesetzesänderungen
Nach Angaben der Juristin Benan Molu aus dem Rechtsbeistand von Selahattin Demirtaş hat das Ministerkomitee des Europarats der Regierung in Ankara bis zum 19. Januar Zeit gegeben, ihre Perspektive im Fall Kavala darzulegen. Zu Demirtaş fasste das Gremium einen Zwischenbeschluss und bewertete den von der Türkei vorgelegten Aktionsplan. Der türkische Verfassungsgerichtshof wurde aufgefordert, umgehend eine Entscheidung im Einklang mit dem Urteil des EGMR zu treffen.
İHAM kararlarının uygulanıp uygulanmadığını denetleyen Avrupa Konseyi Bakanlar Komitesi'nin, İHAM kararına rağmen serbest bırakılmayan Osman Kavala ve Selahattin Demirtaş'la ilgili 30 Kasım-2 Aralık oturumunda aldığı kararlar açıklandı. Bu zincirde kararları paylaşacağım.
— Benan Molu (@BenanMolu) December 3, 2021
„In seiner Demirtaş-Entscheidung forderte der Ausschuss auch Gesetzesänderungen, um die Unabhängigkeit der Justiz zu gewährleisten, den Pluralismus und insbesondere die Meinungsfreiheit gewählter Vertreter:innen zu stärken und Maßnahmen gegen willkürliche Verhaftungen nach TCK 314 zu ergreifen.“
Der Paragraf TCK 314 umfasst die „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation“. Dieser Paragraph wird umfassend zu Kriminalisierung jeglicher demokratischen Opposition herangezogen.