Massaker von Helebce: KCK weist auf Kontinuität hin

Vor 34 Jahren wurden in Helebce über 5000 Menschen mit Giftgas getötet. Die KCK erklärt zum Jahrestag: „Das Massaker von Helebce erfolgte vor den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit. Doch niemand erhob seine Stimme dagegen.“

Der Völkermord von Helebce (Halabdscha) jährt sich heute zum 34. Mal. Es war gegen 11 Uhr am 16. März 1988, als sich eine Staffel Kampfjets der irakischen Luftwaffe von Süden her in Richtung der kleinen Stadt in Südkurdistan näherte und Granaten, die bei ihrer Explosion Giftgase wie Sarin, Senfgas und Tabun freisetzten, auf die Zivilbevölkerung abwarf. Innerhalb kürzester Zeit wurden 5.000 Menschenleben ausgelöscht.

Die Attacke erfolgte im Rahmen der „Anfal-Operation“ des Baath-Regimes, das in Bagdad regierte. Unter diesem Namen hat das irakische Militär in der Spätphase des Ersten Golfkrieges (1980-1988) eine ganze Reihe von Massakern an der kurdischen Bevölkerung und Angehörigen christlicher Minderheiten verübt. Im Verlauf dieser genozidalen Maßnahmen wurden bis zu 182.000 Menschen ermordet. So war Helebce auch nicht der erste Ort, an dem es in diesem Krieg zum Gaseinsatz kam. Bereits am 28. Juni 1987 warf die irakische Luftwaffe vier Senfgasbomben auf Serdeşt in Ostkurdistan (Iran) ab. Die Attacke blieb ohne Konsequenzen. Deshalb bombardierte Saddam Hussein nur wenige Monate später Helebce. Erst infolge dieses Angriffs wurde die Bombardierung von Serdeşt der Weltöffentlichkeit bekannt.

KCK: Die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat aus Anlass des Jahrestages eine Erklärung herausgegeben, in der sie den Giftgasangriff verurteilt und der Toten gedenkt. „Niemals wird das kurdische Volk das Helebce-Massaker vergessen. Es wird die Verantwortlichen für das Massaker definitiv zur Rechenschaft ziehen“, erklärt der Exekutivrat der KCK und macht auf die Kontinuität der auf einen Völkermord abzielenden Angriffe und die dafür Verantwortlichen aufmerksam:

„Das Massaker von Helebce ist eines der rücksichtslosesten und schwersten Massaker, das jemals an der Menschheit verübt wurde. Es erfolgte als Teil der Völkermordangriffe auf das kurdische Volk. Mit der Vierteilung Kurdistans durch die Kolonialmächte begann ein Angriff auf die Existenz des kurdischen Volkes. Mit dem Ziel, der Existenz der Kurd:innen ein Ende zu bereiten, verübten die Kolonialmächte zahlreiche Massaker. Auch das Helebce-Massaker diente diesem Ziel.“ Kein Mensch aus Kurdistan werde jemals dieses feige und brutale Massaker vergessen.

„Das Massaker von Helebce erfolgte vor den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit. Doch niemand erhob seine Stimme dagegen. Hätte die internationale Gemeinschaft gegen dieses Massaker Position bezogen und es offen abgelehnt, wäre es dem irakischen Baath-Regime nicht möglich gewesen, solch ein Verbrechen zu begehen. Da Saddam Hussein wusste, dass die Welt schweigen würde, wagte er sich, dieses Massaker zu verüben. Seine chemischen Waffen hatte er zuvor von den Kräfte der kapitalistischen Moderne erhalten. Durch die Bereitstellung umfassender Waffenlieferungen benutzten die Kräfte der kapitalistischen Moderne Saddam Hussein entsprechend ihrer eigenen Interessen und ließen ihn für sie Krieg führen.“

Von Saddam bis Erdogan

Die Kräfte der kapitalistischen Moderne seien dementsprechend mitschuldig an dem Giftgasangriff, so die KCK: „Denn sie lieferten dem irakischen Baath-Regime chemische Waffen und schwiegen, als diese von dem Regime in Helebce eingesetzt wurden. Folglich sind die Kräfte der kapitalistischen Moderne die Hauptverantwortlichen für das Helebce-Massaker. Sie waren es auch, die Kurdistan in vier Teile spalteten, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Diese Kräfte sind nicht nur die Hauptverantwortlichen für Helebce, sondern für alle Massaker und Verbrechen, die am kurdischen Volk verübt wurden.“

Chemiewaffen gegen das kurdische Volk

Als Konsequenz dieser Haltung hätten die Kolonialstaaten unzählige weitere Militäroperationen, Massaker und andere Maßnahmen gegen das kurdische Volk durchgeführt: „Keine Militäroperation und kein Massaker an den Kurden haben die Kolonialmächte ausgespart. Zugleich hat kein einziger Staat auf dieser Welt klar dagegen Position bezogen. Genau diese Haltung legen die Kräfte der kapitalistischen Moderne auch heute noch an den Tag. Sie stellen dem türkischen Staat umfassende militärische Unterstützung in Form modernster Technik und Waffen zur Verfügung. Dabei wissen sie sehr genau, dass der türkische Staat dieses Waffen gegen das kurdischen Volk einsetzt. Dadurch sind sie auch weiterhin mitverantwortlich für die Massaker und den Genozid am kurdischen Volk. Unter den Waffen, die dem türkischen Staat zur Verfügung gestellt werden, befinden sich auch chemische Waffen. Die faschistische AKP/MHP-Regierung setzt diese chemischen Waffen gegen unser Volk und unsere Freiheitskräfte ein. An unzähligen Orten, so z.B. in den südkurdischen
Gebieten Werxelê, Zendura, Mam Reşo und Tepê Sor, hat der türkische Staat chemische Waffen gegen die dortigen Guerillakräfte eingesetzt. Doch genau wie zur Zeit des Helebce-Massaker schweigen die Kräfte der kapitalistischen Moderne auch heute zu dem Einsatz chemischer Waffen gegen das kurdische Volk. Dabei sind der Besitz und Einsatz dieser Waffen eindeutig verboten. Doch geht es um das kurdische Volk, kommt keine dieser Regeln zu Anwendung.

Diese historische Abrechnung dauert weiter an“

Die angemessenste Haltung gegen das Helebce-Massaker besteht heute darin, gegen den Gebrauch chemischer Waffen durch den türkischen Staat Position zu beziehen. Das kurdische Volk wird definitiv all diejenigen zur Verantwortung ziehen, die für Helebce und die vielen weiteren Massaker verantwortlich sind. Diese historische Abrechnung dauert weiter an. Die Freiheitsbewegung Kurdistans wird durch den Erfolg ihres Freiheitskampfes alle verantwortlichen Mörder zur Rechenschaft ziehen.

Massaker von Beyazit

Als Freiheitsbewegung Kurdistans möchten wir an dieser Stelle auch den Angriff auf sozialistische und revolutionäre Jugendliche vom 16. März 1978 verurteilen, bei dem in Istanbul-Beyazıt sieben Revolutionäre ermordet wurden. Der türkische Staat wird definitiv für seine Angriffe und Massaker an den Völkern, Sozialisten und allen demokratisch-revolutionären Kreisen zur Rechenschaft gezogen werden. Dies wird gelingen, indem die Einheit der Völker und deren gemeinsamer Kampf gestärkt und auf dieser Grundlage der AKP/MHP-Faschismus gestürzt wird. Als Freiheitsbewegung Kurdistans sind wir fest davon überzeugt, dass alle antifaschistischen Kräfte durch die Stärkung ihrer Einheit an den Verantwortlichen all dieser Massaker eine historische Abrechnung vollziehen werden.“