Knapp hundert Jahre nach dem Vertrag von Lausanne findet eine dreitägige Demonstration der Initiative „Defend Kurdistan“ gegen Völkermord und Besatzung von Lausanne nach Genf statt. Die Demonstration unter dem Motto „Kurdistan gegen die türkische Besatzung verteidigen“ startet am 10. Juli mit einer Pressekonferenz. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus Kurdistan, der Türkei, der Schweiz und Europa haben ihre Teilnahme angekündigt. Im Verlauf des Drei-Tages-Marsches werden Seminare, Versammlungen und Konzerte stattfinden, auf denen der kurdische Widerstand gegen das türkische Besatzungs- und Völkermordkonzept thematisiert wird.
Nach dem kurdischen Europaverband KCDK-E haben auch die Demokratische Kurdische Gemeinde Schweiz (CDK-S) und die Kurdische Frauenbewegung Schweiz (YJK-S) zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. In dem Aufruf wird der Lausanner Vertrag als „Höhepunkt des tausendjährigen statuslosen Zustands des kurdischen Volkes“ bezeichnet. Der Vertrag von Lausanne legte am 24. Juli 1923 nicht nur die heutigen Staatsgrenzen der Türkei fest, sondern auch die Teilung Kurdistans. Das Abkommen wurde zwischen der Türkei sowie den Alliierten des Ersten Weltkrieges Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Griechenland, Rumänien und dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen geschlossen. Mit einem Federstrich wurden die Kurden zu Türken, Iranern, Irakern und Syrern. Wie sich schnell herausstellte, standen selbst die ihnen zugebilligten Bürgerrechte nur auf dem Papier. Denn tatsächlich betrieben die Regierungen aller vier Staaten gegen die kurdische Minderheit eine Politik der Umsiedlung und Vertreibung, der gewaltsamen Unterdrückung, Türkisierung und Arabisierung. Auch fast ein Jahrhundert später hält dieser Zustand vor allem in der Türkei und im Iran weiter an.
„Eine Neuauflage des Vertrags von Lausanne wird nicht hingenommen“
Die kurdische Gemeinde und Frauenbewegung erklären in ihrem Aufruf, dass heute alle vier Teile Kurdistans von einem Vernichtungsangriff bedroht sind: „In einer Zeit, in der der Mittlere Osten durch den Dritten Weltkrieg neu gestaltet werden soll, wird dem kurdischen Volk eine Neuauflage des Vertrags von Lausanne aufgedrängt. Während die kapitalistische Moderne sich in einer chaotischen Krise befindet und den Ausweg in Kriegen, Vernichtung und Verleugnung sucht, treten die Kurden für das von Abdullah Öcalan vorgelegte Konzept des demokratischen Konföderalismus ein, das Freiheit für alle Völker verspricht. Mit der Strategie des dritten Wegs und dem Modell einer demokratischen Nation im Mittleren Osten wird eine neue Welt geschaffen. Die Kurden bauen mit Abdullah Öcalan, den in den Bergen und Gefängnissen kämpfenden jungen Menschen und organisierten Strukturen in der Diaspora Schritt für Schritt ein alternatives freies Leben auf. Auf diesem Weg werden sie von Freundinnen und Freunden aus Europa und dem Rest der Welt begleitet.“
Mit der Drei-Tage-Demonstration von „Defend Kurdistan“ soll ein Zeichen dafür gesetzt werden, dass eine Neuauflage des Vertrags von Lausanne nicht hingenommen wird, heißt es abschließend in dem Aufruf.