Kurdische Künstler*innen: Die Kultur wird geplündert

Die Razzia der deutschen Polizei beim Mezopotamien-Verlag und dem Musikproduzenten Mir Multimedia in Neuss dauert weiter an. Schriftsteller*innen und Künstler*innen protestieren gegen die Durchsuchungen.

Seit gestern durchsuchen Dutzende Polizisten den Mezopotamien-Verlag und den Musikproduzenten Mir Multimedia in Neuss. Mitarbeiter des Verlags und der Musikproduktion befinden sich in den Räumlichkeiten. Allen anderen wird der Zugang verwehrt. Bisher sind sieben Lastwagenladungen mit Büchern, CDs und Materialien zur Musikproduktion abtransportiert worden. Der Abtransport geht weiter. Die Polizei lässt niemanden in die Nähe der kurdischen Einrichtung.

Aus Protest gegen die Repression versammeln sich kurdische Künstler*innen, Schriftsteller*innen und Menschen aus Kurdistan vor der Einrichtung. In einer verlesenen Erklärung bezeichneten sie die Maßnahme als „Plünderung der Kultur“.

„Deutschland ähnelt dem türkischen Staat“

Im Namen der Künstler*innen trugen Deniz Deman und Xelîl Xemgin eine Erklärung vor. In der Erklärung heißt es:

„Wir leben in einem Land, das sich als ein Land darstellt, in dem es Gerechtigkeit, Recht und Menschenrechte gibt. Aber bedauerlicherweise sind diese nicht für Kurd*innen und ihre Kultur gültig. Das ist offensichtlich. Wir als Volk wissen, was ein Verbot der Musik, Kunst und Kultur bedeutet. Wir haben das in den Ländern, in denen wir gelebt haben, jahrelang erlebt. Aber nun macht Deutschland, das Land, in dem wir heute leben, das gleiche. Diese Repression findet auf Initiative von Erdoğan statt. Als kurdische Künstler*innen arbeiten wir seit 35 Jahren in dieser Einrichtung. Sie nehmen unsere Bücher, unsere CDs unsere Studioausstattung und bringen sie weg. Bei den Angriffen auf Efrîn klauen die Banden unserer Dorfbevölkerung die Hühner. Das gleiche macht nun der deutsche Staat. Sie nehmen alles mit.“

„Nach dem Besuch von Çavuşoğlu“

In der Erklärung wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass die jüngste Repressionswelle mit dem Besuch des türkischen Außenministers Çavuşoğlu eingeleitet wurde: „Es ist das Ergebnis einer schmutzigen Allianz. Die Merkel-Regierung unterdrückt die Kurd*innen ganz im Sinne der AKP-Politik. Deshalb nehmen sie nun die kulturellen und künstlerischen Einrichtungen unseres Volkes ins Visier. Das ist widerrechtlich und ungerecht.“

Der Protest in Neuss dauert an.