Seit Monaten sind Kurdinnen und Kurden im Hungerstreik. Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit fordern sie die Aufhebung der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan, um erneut Gespräche über eine Lösung der kurdischen Frage in Gang zu setzen. In Dortmund haben ungefähr zwanzig Aktivistinnen und Aktivisten vorübergehend das Büro von Amnesty International (AI) besetzt. Sie kritisierten, dass sich die Organisation bislang nicht zu dem bereits lebensgefährlichen Hungerstreik geäußert hat und die Haftbedingungen Öcalans nicht behandelt.
Den AI-Mitarbeiter*innen wurde ein Informationsdossier zum Thema überreicht, anschließend fand ein konstruktives Gespräch über das Anliegen der kurdischen Aktivist*innen statt.
Der Hintergrund des Hungerstreiks
Hunderte Kurdinnen und Kurden fordern mit einem Hungerstreik die Aufhebung der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan. Der Hungerstreik der HDP-Abgeordneten Leyla Güven dauert seit mittlerweile 118 Tagen an. Güven, die ihren Protest am 7. November im Gefängnis von Amed (Diyarbakir) aufnahm, wo sie aufgrund ihrer Kritik an der türkischen Militärinvasion in der nordsyrischen Kantonshauptstadt Efrîn ein Jahr in Untersuchungshaft saß, fordert mit ihrer Aktion die Gewähr regelmäßiger Kontakte zu Öcalan, der als Schlüsselfigur für eine Lösung der kurdischen Frage gilt.
Der Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung befindet sich seit seiner Verschleppung im Februar 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer. Der letzte Besuch seiner Anwälte fand vor fast acht Jahren statt. Seit Abbruch der Friedensverhandlungen mit der PKK durch die türkische Regierung im Jahr 2015 wird Öcalan von der Öffentlichkeit abgeschottet. Nach dem letzten Familienbesuch im September 2016 war sein Bruder Mehmet Öcalan erstmalig wieder am 12. Januar für ein 15-minütiges Gespräch auf Imrali. Die Hungerstreikenden erklärten anschließend, dass ihre Forderung damit nicht erfüllt sei. Sie fordern Bedingungen für Öcalan, in denen er als Vorsitzender einer legitimen Bewegung frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage beizutragen.
Hungerstreik entwickelt sich zu Massenprotest
Leyla Güven hat mit ihrer Aktion eine Protestbewegung initiiert, der sich bisher Hunderte Menschen angeschlossen haben. In den türkischen Gefängnissen ist der Hungerstreik auf alle Gefängnisse ausgeweitet worden. In Straßburg haben sich am 17. Dezember 14 Menschen der Aktion angeschlossen. Auch in Den Haag, Newport, Kassel, Nürnberg, Duisburg, Genf und weiteren Städten sind Aktivisten in einen Hungerstreik getreten. Der HDP-Aktivist Nasır Yağız ist in der südkurdischen Stadt Hewlêr (Erbil) seit 105 Tagen im Hungerstreik. Ein vorgestern in der HDP-Zentrale in Amed gestarteter Hungerstreik wurde auf Befehl des türkischen Innenministers Süleyman Soylu gewaltsam aufgelöst, fünf Aktivisten wurden festgenommen.