Kriminalisierung von Kurden in Schweden

Seit gut einem Jahr gibt es in Schweden ein neues Antiterrorgesetz, das angeblich zur Ahndung islamistischer Straftaten erlassen wurde. Getroffen hat es laut der Abgeordneten Amineh Kakabaveh jedoch bisher vor allem Kurdinnen und Kurden.

In Schweden lebende Kurdinnen und Kurden sind in der jüngeren Zeit verstärkter Repression ausgesetzt. Die parteilose sozialistische Abgeordnete Amineh Kakabaveh hat mehrfach die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung im Mittleren Osten in das schwedische Parlament eingebracht und die Regierung zum Handeln aufgefordert.

Die schwedische Generalstaatsanwaltschaft hat im vergangenen Juni das Verfahren zum Mord an Ministerpräsident Olof Palme eingestellt und erklärt, dass die PKK nichts mit dem Attentat zu tun hatte. Danach forderten kurdische Organisationen und schwedische Politiker eine Entschuldigung von der schwedischen Regierung und die Streichung der PKK von der Liste terroristischer Organisationen.

Anstatt diese Forderung zu erfüllen, hat die Sicherheitspolizei in Schweden den Druck auf Vereine und Einzelpersonen, die der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehen, verschärft. Unter anderem wurden zahlreiche Asylgesuche und Einbürgerungsanträge abgelehnt.

Wir haben Amineh Kakabaveh nach dem Grund gefragt. Die aus Ostkurdistan stammende Politikerin weist auf das im März 2020 in Schweden in Kraft getretene Antiterrorgesetz hin. Das neue Gesetz ist vornehmlich gegen den politischen Islamismus erlassen worden. Laut Kakabaveh trifft es jedoch weniger Islamisten, sondern vielmehr Kurdinnen und Kurden. Bisher ist noch kein IS-Mitglied nach dem neuen Antiterrorgesetz angeklagt oder des Landes verwiesen worden. Stattdessen sind rund dreißig Kurdinnen und Kurden als Gefährder für die innere Sicherheit eingestuft worden.

Direkt nach dem Erlass der neuen Antiterrorgesetzgebung ist im April vergangenen Jahres der damals 23-jährige Resul Özdemir in die Türkei ausgeliefert worden. Kakabaveh verweist auf die Zusammenarbeit des schwedischen Geheimdienstes SÄPO mit dem türkischen Geheimdienst MIT in diesem Fall. Özdemir war in der Türkei zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt und wurde mit einer Sondermaschine ausgeflogen. Danach hat sich laut Kakabaveh die Kriminalisierung kurdischer Aktivistinnen und Aktivisten erhöht.

Für die Abgeordnete ist das skandalöse Entwicklung. Sie erinnert daran, dass der IS von Ländern wie der Türkei, Saudi-Arabien und Katar unterstützt wird und brutale Massaker im Irak und in Syrien begangen hat: „Und wer hat die IS-Mörder gestoppt? Der IS ist in Syrien und im kurdischen Teil des Irak auf großen Widerstand gestoßen. Dieser Widerstand wurde von Kurden angeführt. Es waren die YPG und YPJ, die dieser barbarischen Organisation in Kobanê die erste Niederlage zugefügt haben.“

Schweden und andere westliche Länder hätten die Kurden in ihrem Kampf gegen den IS unterstützt, führt Kakabaveh weiter aus. Dass mit der kurdischen Befreiungsbewegung sympathisierende Menschen nach dem Sieg über den IS in Schweden als Gefährder eingestuft werden, ist für sie nicht hinnehmbar. Die Kriminalisierung sei auch insofern heuchlerisch, dass Schweden als Teil der internationalen Koalition gegen den IS die kurdischen Kampfeinheiten in Rojava unterstützt.

Als potentielle Gefahr für die innere Sicherheit werden auch Personen eingestuft, die die Kämpferinnen und Kämpfer gegen den IS in digitalen Netzwerken unterstützen: „Es heißt, dass es für die Abschiebung ausreicht, wenn ein Kurde seine Meinung in den sozialen Medien kundtut. Viele Kurden haben aus diesem Grund ihre Arbeit verloren. Die PKK kämpft gegen den IS und wird immer noch in EU-Terrorliste aufgeführt. Davon profitiert vor allem der türkische Staat.“