Auslieferung von Özdemir im schwedischen Parlament
Der junge Kurde Resul Özdemir ist nach abgelehntem Asylantrag aus Schweden an die Türkei ausgeliefert und schwer gefoltert worden. Der Fall beschäftigt jetzt das schwedische Parlament.
Der junge Kurde Resul Özdemir ist nach abgelehntem Asylantrag aus Schweden an die Türkei ausgeliefert und schwer gefoltert worden. Der Fall beschäftigt jetzt das schwedische Parlament.
Am 22. April ist Resul Özdemir von Schweden an die Türkei ausgeliefert und schwer gefoltert worden. Nach Angaben seiner Anwälte reichte die Folter durch den türkischen Geheimdienst MIT von Elektroschocks bis zum Waterboarding.
Auf eine Anfrage der unabhängigen Abgeordneten Amineh Kakabaveh nach dem Grund der Auslieferung hat Morgan Johansson, schwedischer Minister für Justiz und Migration, geantwortet, dass er keine Aussage zu Beschlüssen von Behörden und Gerichten machen kann, die Personen betreffen. In seiner Antwort führte Johansson weiter aus, dass Schweden ein Rechtsstaat mit unabhängiger Gerichtsbarkeit sei und weltweit zu den Ländern mit der höchsten Rechtssicherheit gehöre, was auch der UNHCR in Bezug auf Asylverfahren bestätige. In Schweden gelte ein Abschiebeverbot für Personen mit einem Folterrisiko und die Migrationsbehörde halte sich bei ihren Entscheidungen an dieses Prinzip. Die schwedischen Behörden würden Beurteilungen und Entscheidungen unabhängig und ohne Einflussnahme anderer Staaten gemäß der eigenen Rechtsprechung treffen, rechtfertigte der Justizminister die Auslieferung von Resul Özdemir an seine Folterer in der Türkei.
Amineh Kakabaveh bezeichnet die Antwort des Justizministers als Skandal und weist darauf hin, dass Özdemirs Rechtsanwalt den Fall im Vorfeld bereits vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht hatte, um die Auslieferung zu stoppen. „In dieser Situation hätte Schweden die Prozedur stoppen müssen“, so die Abgeordnete. Der Minister sei entweder nicht über Fall informiert oder versuche, die Zusammenarbeit mit dem türkischen Staat zu verheimlichen. „Menschenrechtsorganisationen, Politiker und die Medien müssen diesen Fall weiter verfolgen, damit die Wahrheit aufgedeckt wird“, fordert Kakabaveh.
Auslieferung Thema im Auswärtigen Ausschuss
Dass Resul Özdemir vom schwedischen Inlandsgeheimdienst Säpo gewaltsam in ein Flugzeug verfrachtet und dem türkischen Nachrichtendienst MIT übergeben wurde, war am Donnerstag auch Thema im Auswärtigen Ausschuss des schwedischen Parlaments. Nach Angaben des außenpolitischen Sprechers der Linkspartei, Håkan Svennelig, wurde auf der Sitzung berichtet, dass die Auslieferung ohne Wissen der Regierung stattgefunden hat. Laut Svennelig will das Erdogan-Regime den Fall des jungen Kurden benutzen, um die Opposition und die im Ausland lebenden Asylbewerber einzuschüchtern. Die Linkspartei will den Fall weiter verfolgen und auch im Justizausschuss einbringen.
Rechtswidriges Vorgehen der schwedischen Behörden
Özdemirs Anwalt in Schweden, Abdullah Deveci, hat inzwischen bei der Justizaufsichtsstelle beantragt, dass der Vorgang untersucht und das rechtswidrige Vorgehen der Behörden festgestellt wird. Explizit geht es dem Anwalt um das Fehlverhalten von Säpo, Migrationsbehörde und dem für das Asylverfahren zuständige Gericht.
Deveci weist darauf hin, dass der Inlandsgeheimdienst in der Vergangenheit Ausreisen aus Schweden zum IS in Syrien oder im Irak toleriert hat. „Und während die IS-Mitglieder, die Massaker begangen haben, bei ihrer Rückkehr nach Schweden nicht einmal vor Gericht gestellt werden, wird ein Mensch, der während der Massaker in Syrien 17 oder 18 Jahre alt war, an die Türkei ausgeliefert“, empört sich der Anwalt.
Zu der Antwort von Justizminister Morgan Johansson sagt Deveci: „Er hat geantwortet, ohne den Vorfall überhaupt zu untersuchen. Mit der Ausrede, dass er keine Angaben zu persönlichen Fragen machen kann, will er den gemachten Fehler deckeln. Wir haben ihm viele Berichte über das rechtswidrige Vorgehen, die Folter und die Massaker in der Türkei vorgelegt. Obwohl alles offenkundig war, ein rechtskräftiges Urteil gegen meinen Mandanten vorliegt und ein Folterrisiko von Anfang an bestand, ist Özdemir an die Türkei ausgeliefert worden. Die Antwort des Ministers ist völlig unakzeptabel.“
Im Hochsicherheitsgefängnis Silivri inhaftiert
Resul Özdemir ist in Cizîr (türk. Cizre) während der Ausgangssperre 2015/2016 verletzt worden und hatte vor ungefähr zwei Jahren politisches Asyl in Schweden beantragt, wo auch seine Familie lebt. Vor fünf Monaten wurde er in Stockholm inhaftiert. In der Türkei ist er rechtskräftig zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. In den türkischen Medien wurde er als Führungskader der PKK bezeichnet und mit Handschellen zwischen einer türkischen und einer schwedischen Fahne vorgeführt. Aktuell befindet er sich im Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul, in dem Dutzende Fälle von Corona-Infektionen festgestellt worden sind.