Konferenz in Istanbul: „Imrali muss geschlossen werden“

Auf einer international besuchten Konferenz in Istanbul wurde über die strukturellen Probleme in der Türkei und die Auswirkung auf die Gefängnisse diskutiert. Voraussetzung für eine Veränderung sei die Lösung der kurdischen Frage, hieß es im Schlusswort.

In Istanbul hat am Samstag eine Konferenz zum Thema „Recht auf Frieden gegen Isolationspolitik“ stattgefunden. Eingeladen zu der Veranstaltung hatten die Juristenvereinigung für Freiheit (ÖHD), die Stiftung für Gesellschaft und Recht (TOHAV) und der Menschenrechtsverein IHD. Neben zahlreichen Referent:innen aus der Türkei nahm auch der ehemalige südafrikanische Richter und Anwalt von Nelson Mandela, Siraj Desai, als Redner an der Konferenz teil.

Zum Abschluss der Konferenz fasste Nuray Çevirmen vom IHD-Vorstand zusammen, dass in der Praxis der Regierung und Justiz der Türkei ein strukturelles Problem besteht, das zu Ausgrenzung und Diskriminierung führt. Im letzten Vierteljahrhundert sei dieses Problem zu einer ernsten Krise für Demokratie und Rechte geworden. Das zeige sich in besonders gewalttätiger Form vor allem in den Gefängnissen: „Jede Veränderung im Strafvollzugsgesetz in den letzten 15 Jahren hat eine Verschärfung der Situation verursacht. Von Diskriminierung durch das Vollzugsregime und die Haftbedingungen sind vor allem politische Gefangene betroffen.“ Çevirmen forderte die sofortige Aufhebung der speziell gegen politische Gefangene bestehenden Regelungen im Strafvollzug und wies darauf hin, dass die unter politischem Vorzeichen getroffenen Entscheidungen des gerichtsmedizinischen Instituts über die Haftfähigkeit schwer Erkrankter einem Todesurteil gleichkämen.

Auf der Konferenz sei festgestellt worden, dass die Gefängnisinsel Imrali der Ort sei, an dem die diskriminierenden Vollzugsregelungen am offensichtlichsten in Erscheinung treten, so Nuray Çevirmen. Die Isolation von Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen stehe in direktem Zusammenhang mit der Verweigerung einer politischen Lösung der kurdischen Frage. In Zeiten, in denen Kontakt zu Öcalan möglich war und „Kanäle für einen Dialog“ geöffnet wurden, habe in der Türkei über eine friedliche Lösung diskutiert werden können, was zu einer „Kultur der Demokratie“ beigetragen habe. Der Kampf gegen die Isolation sei somit ein wichtiger Schritt in Richtung Frieden.

Nuray Çevirmen wies auch darauf hin, dass Freiheitsstrafen ohne Aussicht auf Entlassung den Menschenrechtskonventionen widersprechen. Die Türkei müsse die entsprechenden Entscheidungen und Empfehlungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Ministerkomitees des Europarats umsetzen. „Das Gefängnis Imrali muss geschlossen und das Isolationsregime aufgehoben werden. Eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und ein ganzheitliches gesellschaftliches Friedensprojekt sind für unser Land überlebenswichtig. Das sind die Ergebnisse und Vorschläge unserer Konferenz“, so Nuray Çevirmen.