KON-MED: Kurdische Medien sollen mundtot gemacht werden
Der Verband KON-MED verurteilt die nächtliche Razzia bei kurdischen TV-Sendern in Brüssel und ruft zur Verteidigung der Pressefreiheit auf.
Der Verband KON-MED verurteilt die nächtliche Razzia bei kurdischen TV-Sendern in Brüssel und ruft zur Verteidigung der Pressefreiheit auf.
Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED) verurteilt die nächtliche Razzia bei kurdischen TV-Sendern in Brüssel und fordert die belgische Regierung auf, sowohl die nationalen als auch die internationalen Gesetze einzuhalten und nicht gesetzlos im Einklang mit der Politik der Türkei zu handeln. „Vor allem muss sichergestellt werden, dass Kurd:innen nicht zu Unrecht kriminalisiert werden“, heißt es in einer Stellungnahme des kurdischen Dachverbands, der zur Gegenwehr aufruft. Die vollständige Erklärung lautet:
Kurdische Medien sollen mundtot gemacht werden
Wir verurteilen die nächtliche Durchsuchung der freien kurdischen Fernsehsender Stêrk TV und MedyaHaber TV in Belgien und die zeitgleichen Festnahmen kurdischer Journalist:innen in der Türkei als Versuch, kritische Stimmen gegen die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Türkei und ihrer Verbündeten zum Schweigen zu bringen.
Parallel zum Beginn der neuen militärischen Invasion der Türkei in der Region Metîna und der Reise des Regimechefs Erdoğan nach Südkurdistan und den Irak holt der Staat Belgien zum Schlag gegen die kurdische Medienlandschaft aus. Letzte Nacht (23.04.2024) gegen 01:30 Uhr führte die belgische Polizei eine Razzia in der Zentrale von Stêrk TV und MedyaHaber TV durch, zwei bekannten kurdischen Fernsehkanälen, die seit 1995 aus Brüssel senden. Diese koordinierte Razzia gegen kurdische Medien hat erhebliche Bedenken hinsichtlich der Pressefreiheit und des Schutzes der Rechte von Journalist:innen ausgelöst. Während der Razzia umstellte die Polizei das Gebäude, versperrte den Journalist:innen den Zugang zu ihrem Arbeitsplatz und führte umfangreiche Durchsuchungen in den Büros durch, ohne eine Begründung für ihr Vorgehen zu liefern. Dabei wurden die Sender regelrecht sabotiert. Die Polizei beschlagnahmte Computer und technische Ausstattung und zerstörte viele weitere technische Anlagen. Offensichtlich, um weiteres Senden zu verhindern, wurden Kabel durchtrennt. Berichten kurdischer Journalist:innen zufolge gab es auch Fälle von körperlicher Gewalt und Misshandlungen durch die Polizei.
Nicht die erste Polizeirazzia bei kurdischen Sendern in Belgien
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Polizeirazzia bei den Sendern in Denderleeuw stattfindet. Im Jahr 1996 startete die belgische Bundesstaatsanwaltschaft die groß angelegte Operation Sputnik. Die Vorstandsmitglieder des Fernsehstudios wurden verhaftet und beschuldigt, Geld aus terroristischen Aktivitäten und Menschenhandel gewaschen zu haben. Die Verteidigung hatte nachgewiesen, dass anonyme Zeugen, die behauptet hatten, von der PKK erpresst worden zu sein, in Wirklichkeit von der Gendarmerie manipuliert worden waren. Der Prozess gegen die 17 Verdächtigen im Sputnik-Fall endete in einer Pattsituation, ebenso wie der Prozess nach den Razzien 2008 und 2010.
Auf Ersuchen der französischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft
Nach Angaben der belgischen Tageszeitung De Standaard hat der nächtliche Polizeiüberfall auf die kurdischen Sender Stêrk TV und MedyaHaber TV in Brüssel auf Ersuchen der französischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft PNAT stattgefunden.
Zeitgleiche Festnahmen in der Türkei
Zeitgleich zu der Razzia in Brüssel wurden in der Türkei Journalist:innen festgenommen. Nach aktuellem Stand ist die Festnahme von neun Mitarbeiter:innen kurdischer Medien in Istanbul, Ankara und Riha (tr. Urfa) bekannt. Den Festgenommenen wird ein Rechtsbeistand verweigert.
Kurdische Medien sollen zum Schweigen gebracht werden
Medya Haber TV und Sterk TV sind wichtige Plattformen für die Berichterstattung über die Ereignisse in Kurdistan für Kurd:innen in aller Welt und spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der kurdischen Sprache und Kultur, insbesondere angesichts der Einschränkungen, denen Kurd:innen in der Türkei ausgesetzt sind. Wir verurteilen unmissverständlich diese eklatanten Zensur- und Einschüchterungsmaßnahmen, die darauf abzielen, unabhängige Stimmen zum Schweigen zu bringen und den freien Informationsfluss zu behindern.
Diese Angriffe erfolgen kurz nach dem Belgien-Besuch des Außenministers der Türkei, Hakan Fidan, der für seine aggressive Haltung gegenüber den Interessen der Kurd:innen bekannt ist. Es ist erwähnenswert, dass die Grauen Wölfe (türkische Ultranationalisten) nach Fidans Besuch am 21. März 2024 Kurd:innen angriffen, die von einer Newroz-Feier, dem kurdischen Neujahrsfest, zurückkehrten. Der Zeitpunkt dieser Vorfälle lässt den Verdacht aufkommen, dass sich die Türkei einmischt und versucht, antikurdische Stimmungen nach Europa zu exportieren.
Alle kurdischen Organisationen in Belgien arbeiten innerhalb der Grenzen des Rechts Belgiens, und es gibt keine rechtliche Grundlage für einen solchen Angriff. Die Art und Weise, wie die Razzia durchgeführt wurde, birgt jedoch die Gefahr, den Fernsehsendern materiellen Schaden zuzufügen und sie zu Unrecht zu kriminalisieren, wodurch sie international weiter isoliert werden.
Aufruf an die Öffentlichkeit
Wir rufen die Öffentlichkeit und die Kurd:innen dazu auf, die Fernsehsender zu schützen und sich gegen die Unterdrückung der freien Presse zu wehren.
Forderung an die Regierung Belgiens
Wir fordern die Regierung Belgiens auf, den Staat Türkei daran zu hindern, die kurdische Frage nach Belgien zu exportieren. Wir fordern die Regierung Belgiens auf, sowohl die nationalen als auch die internationalen Gesetze einzuhalten und nicht gesetzlos im Einklang mit der Politik der Türkei zu handeln. Vor allem muss sichergestellt werden, dass Kurd:innen nicht zu Unrecht kriminalisiert werden. Die Pressefreiheit darf nicht gefährdet werden, um die Regierung der Türkei zu beruhigen.