Tausende Menschen sind am Samstag in München auf die Straße gegangen, um gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz zu protestieren. Die Demonstration des „Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ am Stachus, die in diesem Jahr das Motto „Verhandeln statt schießen, Abrüsten statt Aufrüsten!“ trägt, begann am Mittag aber nicht laut, sondern leise. Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmenden der Opfer von Kriegen und den Erdbebenopfern in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien. Das Kurdische Gesellschaftszentrum München sammelte gemeinsam mit der Hilfsorganisation Heyva Sor a Kurdistanê e.V. Spenden für das Erdbebengebiet.
Treffen von Kriegsministern, NATO-Militärs und Rüstungslobbyisten
Seit Freitag beraten unter dem täuschenden Namen „Münchner Sicherheitskonferenz“ (SiKo) wieder Kriegsminister, NATO-Militärs und Rüstungslobbyisten in der bayerischen Landeshauptstadt, um relativ abgeschottet von der Öffentlichkeit ihre Analysen und Strategien zur gegenwärtigen Weltlage auszutauschen. In diesem Jahr steht die Zusammenkunft im Zeichen der durch den Ukraine-Krieg bedingten Eskalation mit Russland und die zunehmende Aggression gegen China. Rund 5.000 Polizisten schirmen die Konferenz im Luxushotel Bayerischer Hof ab. Das deutsche Verteidigungsministerium, das die ausrichtende Stiftung bereits mit einer Million Euro jährlich unterstützt, stellte zudem mehr als 300 Bundeswehr-Angehörige für Sicherheitsaufgaben, Delegationsbetreuung, Personal- und Materialtransporte, Dolmetscherleistungen, Saaldienste und Protokoll sowie sanitätsdienstliche Unterstützung bereit – mittels Sponsoring aus Steuermitteln.
„Frieden schaffen ohne Waffen“
Im Hotel Bayerischer Hof treffe sich eine Gruppe von Menschen, die „von Spannung und Unsicherheit“ profitiere, hieß es in einer zum Auftakt verlesenen Erklärung. Das Bündnis kritisierte auch ein „100-Milliarden-Neuverschuldungs-Paket für die Bundeswehr“. Auf Transparenten forderten Teilnehmende „Frieden schaffen ohne Waffen“ oder „Ukraine: Deeskalieren statt Feindbild schärfen“. Zu lesen war allerdings auch „Nato, Hände weg von Russland“. Der Friedensaktivist Claus Schreer erklärte: „Wir sind gegen Waffen generell. Wir grenzen uns deutlich ab gegen Nationalisten.“
Kämpferische Parolen aus kurdischem Block
Nach dem Auftakt am Stachus gab es einen Protestzug zum Marienplatz, wo eine Abschlusskundgebung stattfinden wird. Für diese hatte sich die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen als Rednerin angekündigt. Die kurdische Community ist stark präsent und beteiligt sich in einem internationalistischen Block an der Demonstration. „Solidarität mit Rojava“ und „Weg mit dem PKK-Verbot“ ist immer wieder aus den Reihen der Demonstrierenden zu hören. Auch die Parole „Jin Jiyan Azadî“ – „Frau, Leben, Freiheit“ hallt lautstark durch Münchens Straßen. Die Initiative „Defend Kurdistan“ hatte zu einer kraftvollen Beteiligung an den Gegenprotesten zur SiKo aufgerufen, um die staatliche Gewalt in Kurdistan und die Doppelmoral des Westens anzuprangern. Die Türkei führt seit Jahren völkerrechtswidrige Angriffe und Invasionen in den Autonomiegebieten Nord- und Ostsyriens (Rojava) sowie in der Kurdistan-Region des Iraks (Südkurdistan) durch. Von den westlichen Mächten wird diese kriegerische Aggression mit dem Ziel, die kurdische Bewegung zu zerschlagen und die Kolonialisierung Kurdistans zu vertiefen, mit Schweigen quittiert.
Aufschrei des Westens bleibt aus
„Während Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine harsch verurteilt und umfassend sanktioniert wurde, wird die Kriegspolitik der Türkei selbst beim systematischen Einsatz von geächteten Chemiewaffen stillschweigend toleriert. Obwohl die Folgen für die Betroffenen fatal sind, bleibt ein Aufschrei des Westens aus. Wer aber Russlands Invasion in die Ukraine als völkerrechtswidrig geißelt, muss auch die Kriegsangriffe des türkischen Staates gegen das kurdische Volk klar und deutlich verurteilen und als das benennen, was sie sind: systematische völkerrechtswidrige Angriffe eines NATO-Mitglieds auf souveräne Staaten und ihre Zivilbevölkerung. Alles andere ist Doppelmoral“, so die Initiative.