Idris Tutum muss trotz Ausgangssperre weiterarbeiten. Sein Arbeitgeber, Tutum ist im Baumateriallager ISTOÇ in Istanbul beschäftigt, hatte sich, wie viele andere Unternehmen auch, eine Sondergenehmigung eingeholt. „Wir Arbeiter sind diejenigen, die am meisten wollen, dass diese Phase endlich vorbei geht. Wir sind am Ende“, beschreibt er die Situation.
Die Maßnahmen gegen Covid-19 in der Türkei und Nordkurdistan schließen die meisten Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter aus. Selbst während der Ausgangssperren an den Wochenenden werden sie von ihren mit Sondergenehmigungen des Gouverneurs ausgestatteten Arbeitgebern gezwungen, zur Arbeit zu gehen. Idris Tutum arbeitet in dem Warendepot in Istanbul für einen absoluten Mindestlohn und wohnt als Mieter im Stadtteil Eyüp. Als Vater zweier Kinder kamen sie schon vor der Pandemie kaum über die Runden, jetzt erhalte er aber seinen Arbeitslohn nicht einmal mehr regelmäßig. Da er seine Kinder nicht mehr versorgen könne, habe er sich für materielle Unterstützung an die Behörden gewandt. „Im Fernsehen loben sie sich jeden Tag für ihre Hilfskampagnen selbst. Sie sprechen von ihren Hilfen für die Arbeitgeber. Niemand kommt zu uns und fragt, wovon wir denn etwas essen sollen? Wenn ich die Miete einmal zu spät zahle, dann wird mich der Hausbesitzer rauswerfen“, erklärt er.
Gezwungen trotz Ausgangssperre rauszugehen
Auch während der Ausgangssperren muss Tutum arbeiten. Er beschreibt sein Dilemma: „Sie sagen, bleibt zu Hause. Wenn ich zu Hause bleibe, wie soll ich dann meine Miete bezahlen? Immer, wenn ich nach Hause gehe, werde ich sehr nervös. Ich frage mich, ob ich meiner Familie die Krankheit bringe. Ich habe eine zwei Jahre alte Tochter und einen sechsjährigen Sohn. Ohne zu arbeiten, geht es nicht, wenn ich arbeite, habe ich Angst. Wir Arbeiter wollen doch, dass diese Zeit so schnell wie möglich vorbeigeht. Wir sind am Ende. Alles bleibt an uns hängen. Ich weiß ja nicht, was die Menschen in den anderen Ländern machen, aber so geht es nicht. Ich weiß nicht, wer meine Stimme hört.“