In Istanbul ist eine Kundgebung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) gegen die jüngste Repressionswelle gegen die kurdische Zivilgesellschaft von der Polizei aufgelöst worden. Mindestens neunzehn Personen wurden nach bisherigem Stand unter Anwendung von Gewalt in Gewahrsam genommen. Unter ihnen befinden sich auch die Ko-Vorsitzenden des Provinzverbands der HDP-Istanbul, Elif Bulut und Erdal Avcı. Sicherheitskräfte versuchten zudem, die Arbeit von anwesenden Pressevertreter*innen zu behindern.
Der HDP-Abgeordnete Musa Piroğlu, der mit seiner Fraktionskollegin Züleyha Gülüm die Kundgebung unterstützte, lieferte sich mit dem Einsatzleiter ein heftiges Wortgefecht, nachdem der Beamte den Übergriff auf die Demonstrierenden mit den Worten „Es reicht mit der Narrenposse“ angeordnet hatte. „Wir werden uns nicht beugen“, erklärte Piroğlu und bezeichnete die Polizei als die „wahren törichten Menschen“ und „Feinde der Demokratie“.
Musa Piroğlu (im Rollstuhl) protestiert gegen das Vorgehen der Regierung und Polizei
Der Protest auf der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi im zentralen Stadtteil Beyoğlu richtete sich gegen den politischen Vernichtungsfeldzug der türkischen Justiz gegen den „Demokratischen Gesellschaftskongress“ (KCD), einem Zusammenschluss, der als Dachverband politischer Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen, religiöser Gemeinden sowie Frauen- und Jugendorganisationen fungiert. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens waren am Freitag in Amed (türk. Diyarbakir), Istanbul, Izmir und Semsûr (Adiyaman) 72 Personen festgenommen worden, darunter Rechtsanwält*innen, Ärzt*innen und Aktivist*innen. Auf der Fahndungsliste der Generalstaatsanwaltschaft in Amed stehen insgesamt 101 Personen. Von den 24 festgenommenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sind 21 am Freitagabend wieder freigelassen worden. Die anderen befinden sich weiterhin in Polizeigewahrsam, darunter auch Bünyamin Şeker, der Ko-Vorsitzende des Freiheitlichen Juristenvereins ÖHD.