Istanbul: Festnahmen bei Protest gegen Konzertverbot

Die Istanbuler Polizei hat eine Kundgebung des HDP-Jugendrats gegen das Verbot des Jubiläumskonzert des NÇM noch vor Beginn angegriffen und aufgelöst. Mehrere Personen, darunter zwei Journalisten, wurden festgenommen.

In Istanbul ist eine Kundgebung des HDP-Jugendrats gewaltsam von der Polizei aufgelöst worden. Mindestens zehn beteiligte Aktivistinnen und Aktivisten sowie zwei Journalisten wurden festgenommen. Bei Letzteren handelt es sich um Muhammet Enes Sezgin und Mahmut Altuntaş, beides Korrespondenten der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA). Den Betroffenen wird vorgeworfen, gegen das türkische Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Auf welche Wache sie gebracht worden sind, ist unklar.

Die Kundgebung war vom Jugendverband der HDP auf der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi im Stadtteil Beyoğlu einberufen worden, um eine öffentliche Presseerklärung gegen das Verbot eines Jubiläumskonzerts des Kulturzentrums Mesopotamien (Navenda Çanda Mezopotamya, NÇM) abzugeben. Die Vereinigung feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen und hatte zu diesem Zweck für diesen Samstag zu einem großen Konzert eingeladen. Im Vorfeld noch vom Gouverneur der Provinz erlaubt, wurde die Veranstaltung wenige Stunden vor Beginn vom Landratsamt im Bezirk Kadıköy verboten. Als Begründung wurde unter anderem eine „unmittelbare Gefährdung der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung” herangezogen, sollte das Konzert durchgeführt werden.

„Abdankung der Vernunft“

Der Vorstand und die Mitglieder des NÇM selbst gaben zur selben Zeit in den Räumlichkeiten des Kulturzentrums eine live im Netz übertragene Presseerklärung ab und verurteilten das Verbot des Jubiläumskonzerts. Der Künstler Ömer Şahin bezeichnete es als absurd, dass die Behörden mit Verbotsverfügungen gegen die Praktizierung kurdischer Kultur vorgingen. „Schließlich sind wir eine Nation, die gegen die Verleugnung ihrer Existenz kämpft. Was können uns da schon Konzertverbote?”, fragte Şahin.

Die Sängerin Nurcan Değirmenci ging auf die Verbotsverfügung ein, die nur als Spiegelbild der „Abdankung der Vernunft“ in der Türkei bezeichnet werden könne. Seit 30 Jahren versuche der Staat das kulturelle Engagement des NÇM bereits zu verhindern, sagte Değirmenci und warf einen Blick auf die vielschichtigen Facetten von Unterdrückung und Einschüchterung der Mitglieder. „Zu keinem Zeitpunkt sind wir zurückgewichen, auch wenn wir angegriffen und eingeschüchtert wurden. Auch in Zukunft werden wir dies nicht tun“, sagte Değirmenci. Im Anschluss an die Pressekonferenz gab es Live-Musik und Govend-Tänze.