IS-Rückkehrerin Nadine K. in Koblenz angeklagt

Die IS-Rückkehrerin Nadine K. ist wegen Beihilfe zum Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt worden. Ihr Mann hat eine versklavte Ezidin regelmäßig vergewaltigt und misshandelt, was Nadine K. wusste und unterstützte.

Die Bundesanwaltschaft hat vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz Anklage gegen die IS-Rückkehrerin Nadine K. erhoben. Vorgeworfen wird der deutschen Staatsangehörigen die Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS), Beihilfe zum Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und anderes. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ist in der Anklageschrift folgender Sachverhalt dargelegt:

Im Dezember 2014 folgte Nadine K. ihrem Ehemann nach islamischem Ritus von Deutschland aus zunächst in die Türkei und reiste mit ihm anschließend in das Herrschaftsgebiet des IS in Syrien. In der Folge schlossen sich die Eheleute der Organisation als Mitglieder an. Ab Frühjahr 2015 hielt sich das Paar in Mossul auf, wo die Angeschuldigte den Haushalt führte und die gemeinsame Tochter im Sinne der IS-Ideologie erzog. Die Familie lebte in einem Haus, dessen rechtmäßige Bewohner:innen vor dem IS geflohen oder von diesem vertrieben worden waren. Dort lagerten Nadine K. und ihr Ehemann eine große Anzahl von Sprengstoff und Waffen, darunter Handgranaten, Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und eine Glock-Pistole. Zudem richteten sie in dem Haus mit Genehmigung und gegen Bezahlung durch den IS eine Aufnahmestelle für alleinstehende weibliche Mitglieder ein. Die Eheleute sorgten nicht nur für die Beherbergung und Verpflegung der Frauen, sondern unterstützten diese auch bei Heiraten oder Scheidungen vor dem Scharia-Gericht.

Ezidin versklavt und vergewaltigt

Ab dem Frühjahr 2016 hielten sich Nadine K. und ihr Mann eine ezidische Frau als Sklavin. Der Mann vergewaltigte und schlug die Frau regelmäßig, was Nadine K. wusste. Sie selbst überwachte, dass die Gefangene nicht fliehen konnte. Zudem zwang das Paar die Sklavin zur unentgeltlichen Hausarbeit und Kinderversorgung. Die Frau musste täglich nach islamischem Ritus beten und während Ramadan die Fastenzeiten einhalten. Dies alles diente dem erklärten Ziel des IS, den ezidischen Glauben zu vernichten. Im Herbst 2016 zog Nadine K. mit ihrer Familie und der versklavten Frau nach Syrien und lebte bis Anfang März 2019 im IS-Herrschaftsgebiet. Erst nach der Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS durch die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) erlangte die ezidische Frau ihre Freiheit wieder.

Nadine K. befand sich seit März 2019 in Gefangenschaft in Nordsyrien und wurde nach langen Absprachen mit der AANES (Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien) am 31. März 2022 zusammen mit neun weiteren Dschihadistinnen und 27 Kindern in Begleitung von 30 Beamten des Bundeskriminalamts nach Deutschland ausgeflogen. Bei der Ankunft der Gruppe wurden vier der Dschihadistinnen, Nadine K., Fatiha B., Gülseren T. und Emilie R., verhaftet.

Tausende IS-Mitglieder in Rojava interniert

Im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien sind weiterhin Tausende IS-Mitglieder interniert. Die Türkei greift das Gebiet täglich an und untergräbt damit den Kampf gegen den IS. Die Autonomieverwaltung (AANES) und die QSD fordern seit 2019 vergeblich eine Lösung unter internationaler Beteiligung, vor allem für die Kinder von IS-Eltern. Im berüchtigten Internierungslager Hol sind bei einer mehrwöchigen Operation gegen den IS in diesem Monat sechs Frauen aus IS-Gefangenschaft befreit worden, darunter die 2014 in Şengal verschleppten Ezidinnen Wefa Elî Ebbas und Sewsen Hesen Heyder.

Foto: Symbolbild aus Camp Hol