Marcia M. ist vom Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Celle wegen Mitgliedschaft in der Terrormiliz „Islamischer Staat" (IS), Kriegsverbrechen gegen Eigentum und einem geplanten Anschlag auf ein Festival in Deutschland zu achteinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Die heute 34-Jährige war im September 2015 mit ihrem Ehemann Oğuz G. aus Deutschland nach Syrien zum IS gereist. In Raqqa soll sie sich einem IS-Frauenbataillon angeschlossen und sich zu Selbstmordanschlägen bereit erklärt haben. Der Staatsschutzsenat sah es als erwiesen an, dass Marcia M. Sprengstoffgürtel hergestellt und zur Vorbereitung eines Anschlags auf ein Musikfestival in Hildesheim 2016 zwei Islamistinnen in Deutschland angeworben hat, bei denen eingeschleuste Attentäter des IS zu Tarnzwecken nach einer fingierten Hochzeit als Ehemänner hätten leben sollen.
Zu dem Anschlag kam es jedoch nicht: Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) führten zu dem Zeitpunkt bereits ihre Offensive „Zorn des Euphrats“ zur Befreiung von Raqqa, der „Hauptstadt“ des selbsternannten IS-Kalifats – das designierte IS-Kommando konnte in der Folge nicht aus Syrien nach Deutschland ausreisen, weil die Grenze unpassierbar geworden war.
Vor Gericht hatte Marcia M. die Vorwürfe im Wesentlichen eingeräumt. Der Vorsitzende Richter Ralf Günther warf ihr jedoch vor, sich bei ihrem Geständnis immer am jeweiligen Ermittlungsstand orientiert zu haben. Gefehlt habe erkennbare Reue und „die Einsicht, etwas Falsches gemacht zu haben“. In der fast zweistündigen Urteilsbegründung wurde die hervorgehobene Stellung von Marcia M. innerhalb des IS und der geplante Massenmord in Deutschland betont.
Der Generalbundesanwalt hatte laut OLG-Sprecher eine Freiheitsstrafe von neun Jahren beantragt, die Verteidigung nicht mehr als drei oder vier Jahre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Als Konvertitin aus Salzgitter zum IS
Die Konvertitin Marcia M. aus Salzgitter bewegte sich vor ihrer Ausreise im Umfeld des inzwischen verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim. Der Prediger in der Moschee, Abu Walaa, und einstige „Statthalter“ des IS in Deutschland, war 2021 vom OLG Celle nach einem Mammut-Prozess zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. In der Hildesheimer Moschee waren zahlreiche junge Menschen vor allem aus dem Ruhrgebiet und Niedersachsen rekrutiert und für den IS nach Syrien und in den Irak geschickt worden. Oğuz G., der Ehemann von M., galt als früherer Vertrauter von Abu Walaa. Er war im Vorstand des Deutschsprachigen Islamkreises eng in die Strukturen des Vereins eingebunden.
Bei Rückholaktion von Bundesregierung zurückgeführt
Nach der Befreiung von Raqqa stellten sich Oğuz G. und Marcia M. im Oktober 2017 den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die das Rückgrat der QSD bilden. G. kam in ein Haftzentrum nahe Dêrik in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, M. wurde nach Camp Roj gebracht, ein von der Selbstverwaltung betriebenes Auffang- und Internierungslager für IS-Dschihadistinnen aus dem europäischen Ausland. Im Oktober vergangenen Jahres wurde sie unmittelbar nach ihrer von der Bundesregierung organisierten Rückkehr nach Deutschland am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. Der Prozess hatte im April begonnen.