Am Samstag sind weltweit Menschen in Solidarität mit den seit zwei Wochen andauernden Aufständen in Ostkurdistan (Rojhilat) und Iran auf die Straßen gegangen. Der Kultur- und Solidaritätsverein IKS Regensburg bezieht Stellung zu einer Kundgebung, die unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“ in der bayrischen Stadt an der Donau stattgefunden hat:
Weder Mullahs noch Monarchie!
Als Internationaler Kultur- und Solidaritätsverein Regensburg (IKS) sind wir empört und entsetzt über die Kundgebung „Frauen, Leben, Freiheit“ zu der am Samstag, 1. Oktober, am Dom aus iranischen Kreisen aufgerufen worden war. Aber wer genau hat eigentlich eingeladen? Das war aus dem Aufruf nicht ersichtlich: „Kundgebung in Solidarität mit den aktuellen, maßgeblich von Frauen getragenen, emanzipatorischen Protesten im Iran gegen Repression und patriarchale Unterdrückung“. Dieser Aussage konnten wir uns natürlich anschließen und fanden es wichtig, dass es auch in Regensburg eine solidarische Aktion gibt. Wir zum Beispiel haben über den Integrationsbeirat von dieser Kundgebung erfahren. Die Bewerbung wurde auf Bitte eines Integrationsbeiratsmitgliedes versandt.
Als wir zu der Kundgebung kamen, war der Pavillon mit vier großen Fahnen aus der Zeit des Schahs geschmückt. Diese alte persische Flagge steht für Monarchie und mitnichten für Emanzipation und gegen Patriarchat. Sie steht ebenso für den letzten Schah von Persien, Mohammed Reza Pahlevi, sein brutales Regime und sein Leben in Saus und Braus auf Kosten des Volkes. An dieser Stelle möchten wir auch an den Protest der 68-er Bewegung gegen den Schahbesuch in Berlin erinnern und Benno Ohnesorg gedenken, der 1967 während einer Protestdemonstration von einem Polizisten umgebracht worden war.
Kurdisch nicht erlaubt
Die Kundgebung am Dom wurde von lauten persischen Rufen begleitet. Als wir „Jin, Jiyan, Azadî“ gerufen haben, wurden wir aufgefordert, dies zu unterlassen. Diese Kundgebung sei eine persische und es dürfe nur persisch oder deutsch gesprochen(!) werden. Kurdisch sei nicht erlaubt. Der Ruf auf deutsch „Frau, Leben, Freiheit“ wurde akzeptiert, war es doch auch das Motto der Kundgebung. Dieser Slogan hat jedoch seinen Ursprung in der kurdischen Frauenbewegung und wird inzwischen weltweit auf kurdisch von der Frauenbewegung skandiert. Die 22-jährige Mahsa Amini, die auf der Polizeiwache zu Tode geprügelt worden ist, war Kurdin und hieß eigentlich Jina Amini. Sie konnte jedoch aufgrund der Repression gegen Kurd:innen im Iran ihren wirklichen Namen nicht tragen. Die Repression gegen Kurd:innen, die heute im Iran an der Tagesordnung ist, fand in gleicher Art und Weise in der Monarchie statt.
Aber die Aussagen, die uns gegenüber von einem Organisator gemacht wurden, wurden noch schlimmer: „Du bist kein Perser, du hast kein Recht über den Iran zu reden.“ „Wenn du kein Perser bist, bist du mein Feind.“ „Wir hassen alle Linken!“
„Aufstand der Frauen wird instrumentalisiert“
In Folge dessen haben wir die Kundgebung verlassen und gegenüber unser mehrsprachiges Transparent aufgehängt. Es ist unerträglich, wenn eine nationalistische monarchistische Bewegung sich die Unterstützung der Frauenbewegung zu eigen macht und dabei die Unwissenheit von deutschen solidarischen Menschen ausnutzt. Für uns entstand der klare Eindruck, dass hier der Protest, der Aufstand, der Frauen im Iran für eigene royalistische Propaganda instrumentalisiert und somit missbraucht wird.
Wir werden nie wieder zu einer Kundgebung einladen, bei der nicht klar ersichtlich ist, wer dazu aufruft. Wir rufen alle anwesenden Gruppen und Einzelpersonen auf, sich wenigstens im Nachhinein von dieser Kundgebung zu distanzieren.
Wir stehen für Internationalismus und Solidarität! Wir wenden uns gegen jede reaktionäre Herrschaft im Iran, seien es Mullahs oder sei es die Monarchie! Wir wenden uns gegen eine nationalistische und kolonialistische Bewegung, die im Iran nur die Menschen anerkannt, die „persisch seien“.
Wir stehen für einen freien und emanzipatorischen Gesellschaftsentwurf. Jin, Jiyan, Azadî! Freiheit für Kurdistan und Belutschistan! Hoch die internationale Solidarität!
Foto: Frauendemonstration in Rojava, 27. September 2022