Heiko Maas: Erfrierenlassen von Schutzsuchenden für die Staatsräson

Während die Situation für die Männer, Frauen und Kinder an der belarussisch-polnischen Grenze immer dramatischer wird, stellt sich der geschäftsführende Außenminister Heiko Maas gegen die Aufnahme der Schutzsuchenden.

An der belarussisch-polnischen Grenze sind mehrere Tausend Schutzsuchende zwischen den Sicherheitskräften beider Staaten eingeschlossen und warten seit Wochen darauf, in die EU gelassen zu werden. Unter den Schutzsuchenden an der Grenze befinden sich auch viele Kinder. Immer wieder sterben Menschen dort aufgrund der Kälte, die von Tag zu Tag weiter zunimmt. Der geschäftsführende Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) lehnt jedoch jede Aufnahme ab und nimmt damit weitere Todesfälle in Kauf. Als hätte er sich den abgrundtief zynischen Spruch von Alexander Gauland (AfD), sich nicht „von Kinderaugen erpressen zu lassen“, ins Stammbuch geschrieben, setzte Maas bei Beratungen mit EU-Kollegen in Brüssel auf Abschottung. In absoluter Ignoranz der Lage erklärte der Außenminister: „Ich würde dafür plädieren, dass die Menschen, die dort sind ... in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden.“ Man sehe, dass Menschen mit Flugtickets nach Belarus flögen. „Diejenigen, die politisches Asyl bekommen, haben meistens andere Wege, die sie nehmen müssen“, sagte er.

Es sei wichtig zu zeigen, dass es so nicht gehe und dass sich die Menschen nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu einem Instrument der Politik des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko machen lassen dürften. Dazu gebe es auch Aufklärungskampagnen in den Herkunftsländern. Eine mehr als zynische Argumentation angesichts der Tatsache, dass die brutale Abschottungspolitik der EU eine solche „Erpressung“ erst möglich macht. Maas nimmt die Folgen gleichzeitig in Kauf, wenn er erklärt: „Vor Ort sehen wir keine Entspannung, sondern eher die Situation, dass sich die Lage weiter verschlechtert und dramatisiert. Wir würden uns wünschen, dass es ein Einlenken gibt in Minsk.“

So war die Konsequenz der EU absehbar: Keine humanitäre Aufnahme, stattdessen weitere Eskalation durch Sanktionen gegen Belarus. Die Sanktionen sollen sich gegen alle richten, die an der Erleichterung des Transports von Menschen an die weißrussische Grenze zu Polen beteiligt sind.

Kipping: „Deal mit Erdoğan hat Lukaschenkos perfide Strategie erst möglich gemacht“

Demgegenüber erklärt die Ko-Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, auf Twitter: „Menschenrechts-NGOs müssen dringend Zugang zu den Flüchtenden an der Grenze Polen-Belarus bekommen. Was gerne ausgeblendet wird: es sind die Abschottungspolitik der EU und der Deal mit Erdoğan, die Lukaschenkos perfide Strategie erst möglich machen.“

Der EU-Türkei-Deal, über den Milliarden an das Erdogan-Regime flossen und der auch massive politische Zugeständnisse an das Regime in Ankara beinhaltet, stellt eine Blaupause für die Politik Lukaschenkos dar. Nicht nur das, der türkische Staat war über seine Fluglinie Türk Hava Yolları direkt am Transport von Kurd:innen nach Belarus beteiligt.

Eil-Petition für Aufnahme

Auf Change.org gibt es indes eine Petition, in der unter anderem die Aufnahme der Schutzsuchenden gefordert wird. Darin heißt es „Menschen dürfen in Europa niemals zum Spielball von Politik gemacht werden. In Polen und Litauen wiederholen sich Szenarien, wie an der griechisch-türkischen Grenze, in der Ägäis, der bosnisch-kroatischen Grenze und auf dem zentralen Mittelmeer. Die Europäische Union braucht Humanität und Rechtsstaatlichkeit in der Flüchtlingspolitik, nicht Härte und Abschottung. Wir erwarten deshalb, dass die deutsche Bundesregierung sich für eine faire und schnelle Aufnahme und Umverteilung der Geflüchteten in Europa einsetzt, beispielsweise auf die vielen aufnahmebereiten Städte und Kommunen (“Sichere Häfen”).

Wir stehen an der Seite derjenigen, die verfolgt werden. Sie alle brauchen Schutz und eine Zukunft! Wir rufen auf, alle zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, Kommunen und Kirchen in Polen zu unterstützen, die solidarisch sind, den Menschen in Not helfen und die Menschenrechte verteidigen. Wir dürfen sie nicht alleine lassen. Öffentlichkeit und Spenden sind gerade jetzt von unschätzbarem Wert – Europäische Solidarität jetzt! Europejska Solidarność teraz!“