HDP-Mitglieder in Istanbul und Mûş festgenommen

In Istanbul ist ein HDP-Vorstandsmitglied wegen der Teilnahme an einem Hungerstreik im Frühjahr festgenommen worden. In der nordkurdischen Stadt Mûş wurden zwei Mitglieder des Provinzrats in ihren Wohnungen festgenommen.

Täglich werden in der Türkei Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) festgenommen.

In Istanbul wurde Seyfi Çelik festgenommen. Er ist im Vorstand des HDP-Kreisverbands von Kağıthane und hatte sich an einem dreitägigen Solidaritätshungerstreik gegen die Isolation des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan beteiligt. In der ersten Jahreshälfte waren Tausende Menschen mit der Forderung nach Aufhebung der Isolationsbedingungen in einen Hungerstreik getreten. Der Istanbuler Lokalpolitiker ist aus diesem Grund angeklagt worden. Die Festnahme erfolgte auf der Polizeistation Eyüp, die Seyfi Çelik telefonisch vorgeladen hatte. Er wird voraussichtlich morgen staatsanwaltschaftlich angehört.

In der nordkurdischen Provinzhauptstadt Mûş sind unterdessen zwei gewählte HDP-Mitglieder des Provinzrats in ihren Wohnungen festgenommen worden. Alle neun HDP-Mitglieder im Rat sind am 9. September vom türkischen Innenministerium des Amtes enthoben worden, wodurch sich die AKP die Mehrheit sicherte. Bei den beiden Festgenommenen handelt es sich um Mehmet Demir und Mehmet Şakir Tuğrul. Eine Begründung für die Festnahmen liegt nicht vor.

Im vergangenen Monat sind ungefähr 350 HDP-Mitglieder festgenommen worden. In der Türkei wird schrittweise ein Regime aufgebaut, in dem Mandatsträger*innen nicht mehr gewählt, sondern ernannt werden. Betroffen von dieser autoritären und korrupten Regierungsform sind einzig kurdische Städte und Kommunen. Die AKP-Regierung hat seit dem 19. August Zwangsverwalter in 24 ehemals HDP-geführten Rathäusern eingesetzt. Bisher wurden 36 der im vergangenen März gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP festgenommen, gegen 15 von ihnen ist Haftbefehl ergangen. Die HDP hat am 31. März dieses Jahres die Wahlen in 65 Kommunen mit großem Abstand gewonnen. In sechs Kommunen konnten die gewählten Bürgermeister ihr Amt gar nicht erst antreten, weil der Wahlausschuss ihnen die Anerkennung verweigerte. An ihrer Stelle wurden trotz Wahlniederlage die AKP-Kandidaten zu Bürgermeistern. Bei den vom türkischen Innenministerium eingesetzten Zwangsverwaltern handelt es sich um ernannte Gouverneure und Landräte der Provinzen und Landkreise.