Hamburg: Kein Schlussstrich – Aufklärung der NSU-Morde

In Hamburg hat eine Demonstration unter dem Motto „Kein Schlussstrich – Aufklärung der NSU-Morde“ mit Tausenden Teilnehmer*innen, darunter die Auschwitz-Überlebende Esther Bejerano, stattgefunden.

Mehr als 1000 Menschen demonstrierten am Samstag in Hamburg gegen den Versuch der Bundesregierung, einen Schlussstrich unter die NSU-Morde zu setzen. Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kiliç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodorus Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und die Polizistin Michèle Kiesewetter sind durch die Neofaschisten ermordet worden. Angeblich sollen nur zwei Täter für diese Morde verantwortlich sein.

„Wir wollen wissen, wer für die Mordserie, die Anschläge und den Terror verantwortlich ist“, hieß es in dem Demonstrationsaufruf. „Die Beschränkung der Bundesanwaltschaft auf das Trio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe und ihr nächstes Umfeld ignoriert den Netzwerkcharakter des ‚Nationalsozialistischen Untergrunds‘. Der NSU war keine isolierte Zelle aus drei Personen, der NSU war auch mehr als die fünf Angeklagten vor dem Oberlandesgericht. Nicht zuletzt die Arbeit der Nebenklage hat diese Grundannahme längst widerlegt. Ohne militante Nazi-Strukturen wie Blood and Honour, lokale Kameradschaften oder etwa den Thüringer Heimatschutz um V-Mann Tino Brandt und Ralf Wohlleben wäre der NSU wohl schwer möglich gewesen. Die Aufklärung im Rahmen des Prozesses wurde jedoch konsequent unterbunden, auch durch die eng geführte Anklageschrift der Bundesanwaltschaft und die Weigerung, der Nebenklage komplette Akteneinsicht zu gewähren.“

Der NSU war nicht zu dritt

„Nazis morden, der Staat macht mit, der NSU war nicht zu dritt“ war die am häufigsten gerufene Parole, denn die Demonstrierenden gingen davon aus, dass der Verfassungsschutz Täter deckt, die an den Morden beteiligt waren. Mehrere Redner*innen wiesen darauf hin, dass Hunderte an den Morden beteiligt gewesen sein müssen. Gefordert wurde vor allem die Auflösung des Verfassungsschutzes, der offensichtlich eine bedeutende Rolle bei der Verschleierung der Mordaufklärung gespielt hat.

„Wir kämpfen weiter mit der Familie Taşköprü für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg, dem letzten Tatortland, das keinen Untersuchungsausschuss eingerichtet hat“, so Christiane Schneider von der Hamburger Linksfraktion.

Süleyman Taşköprü war das einzige Hamburger Mordopfer. Er starb am 27. Juni 2001 im Lebensmittelgeschäft der Familie. Die Eltern waren bereits 1970 nach Deutschland gekommen, Süleyman Taşköprü folgte wenig später nach. Er hinterließ eine kleine Tochter, deren Grußbotschaft auf der Demonstration verlesen wurde.

„Teil der Rache der Familien der NSU-Opfer“

Die Demonstration startete am Hansaplatz, ging zur Innenbehörde und dann die Mönckebergstraße entlang. Am Ende sprach Esther Bejerano, Ausschwitzüberlebende und Antifaschistin: „Ab heute bin ich Teil der Rache der Familien der NSU-Opfer und ihr seid Teil meiner Rache am Nationalsozialismus“. Sie sagte, sie fühle mit den Angehörigen, denn auch sie habe viele Angehörige durch die Nazimörder verloren. Die NSU-Morde, die Geschehnisse in Rostock-Lichtenhagen, Solingen und Mölln wären nicht möglich gewesen, hätte man die Nazis nach dem Ende ihrer Diktatur 1945 konsequent verfolgt, stattdessen seien sie bald wieder in Amt und Würden gewesen, so Esther Bejerano.