Haftstrafen für Mitglieder der Nazivereinigung „Revolution Chemnitz“

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat das Oberlandesgericht Dresden ein halbes Jahr gegen Neonazis aus Chemnitz und Umgebung verhandelt. Die acht Angeklagten erhielten jetzt Haftstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten sowie fünfeinhalb Jahren.

Vor dem Oberlandesgericht Dresden sind acht Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ wegen Mitgliedschaft beziehungsweise Gründung einer terroristischen Vereinigung und verschiedenen weiteren Straftaten zu Haftstrafen verurteilt worden. Die Vereinigung hatte sich der Anklage zufolge am 10. September 2018 in einem Chat formiert. Der mutmaßliche Anführer stellte eine Gründungserklärung in den Telegram-Chat. Darin wurde verkündigt, es sei an der Zeit, nicht nur Worte sprechen zu lassen, sondern Taten. „Linke, Parasiten, Merkel-Zombies, die Mediendiktatur und deren Sklaven“ sollten ins Visier genommen werden ‒ auch mit Waffengewalt. Großspurig hieß es, die Nazivereinigung NSU sollte dagegen wie eine „Kindergarten-Vorschulgruppe“ wirken.

Festnahmen nach Angriff in Chemnitz

Für den 3. Oktober 2018 war eine Aktion in Berlin geplant. Die Anklage war überzeugt, dass es zu einem Umsturzversuch kommen sollte. Zuvor sollte es allerdings einen Probelauf geben. So formierte sich die Gruppe zunächst als „Bürgerwehr“, welche vermeintliche oder reale Migrant*innen, Linke und Menschen, die nicht ihr Weltbild passten, terrorisierte und Mordtaten plante. Am 14. September 2018 hatten Mitglieder der Gruppierung versucht, die Ausweise mehrerer Menschen in Chemnitz zu kontrollieren. Mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroschocker wurden Flüchtlinge und eine Gruppe Jugendlicher attackiert, einer erlitt Schläge. Ein Mann pakistanischer Herkunft trug eine Kopfverletzung davon.

Neonazis vorläufig freigelassen

Die Bundesanwaltschaft sah insbesondere bei Absprachen innerhalb der Gruppe deutliche Anhaltspunkte zur Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die Angeklagten erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten sowie fünfeinhalb Jahren. Damit ahndete der Staatsschutzsenat am Dienstag die unterschiedliche Tatbeteiligung der 22 bis 32 Jahre alten Männer. Die Richter sahen bei allen Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung als erwiesen an ‒ aber nur beim Rädelsführer auch die ebenfalls angeklagte Gründung. Fünf der Männer wurden zudem wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt und einer wegen Körperverletzung. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Drei der Angeklagten kommen vorerst frei. Der Senat setzte die Haftbefehle gegen sie unter Auflagen außer Vollzug.

Linke Sprecherin für antifaschistische Politik begrüßt Urteil

Die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion im Bundestag, Martina Renner, begrüßte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden. „Das Urteil trägt der Entwicklung einer militanten Szene Rechnung, die sich virtuell vernetzt und ihre Terrortaten im Netz plant“, sagte Renner. Dies gelte es auch im juristischen Rahmen zu berücksichtigen.