Türkei-Reise des Bundeskanzlers
Anlässlich der Türkei-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am kommenden Samstag erhebt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung: „Die derzeitige Politik der Ampel-Regierung wird weder die innere noch die äußere Sicherheit verbessern und keine greifbaren Erfolge in der Migrationspolitik erzielen. Wer den Schutz vor radikalen Islamisten und Fortschritte in der Migrationspolitik will, darf nicht gleichzeitig Islamisten wie Erdogan unterstützen und schmutzige Deals mit ihnen eingehen“, erklärte GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido am Donnerstag in einem offenen Brief an die Vorstände der Ampelparteien.
In dem Schreiben fordert die GfbV eine „offene und ehrliche Diskussion über den Umgang mit Erdogan und dem Islamismus.“ Die Organisation kritisiert, dass der Kanzler wichtige Themen wie Menschenrechte, Minderheitenschutz oder den Krieg der Türkei gegen die Kurd:innen in Syrien vermutlich nicht ansprechen wird. „Um die drängenden Probleme zu lösen, muss Scholz jedoch Erdogans Unterstützung islamistischer Milizen in Syrien, im Irak, Libyen und anderen Regionen thematisieren und ihn auffordern, die Religion des Islam nicht mehr für politische Interessen zu missbrauchen. Diese Instrumentalisierung fördert die Radikalisierung unter Muslimen auch in Europa, und verstärkt Vorurteile gegen friedliche Muslime“, so Sido.
Während der Iran schiitische Islamisten unterstützte, förderten die Türkei und Katar weltweit sunnitische Islamisten. Diese verfolgten und bedrohten Kurd:innen, Suryoye, Armenier:innen, Hazara, Christ:innen, Mandäer:innen, Ezid:innen, Alevit:innen, Jüd:innen, Angehörige der drusischen Religionsgemeinschaft, Bahá'í, aber auch sunnitische Muslime selbst, insbesondere Frauen. „Damit gefährdeten die beiden Machthaber das friedliche Zusammenleben auch in Europa“, betonte Sido.
Die GfbV fordert von Scholz, mit Erdogan über Menschenrechte, die Freilassung politischer Gefangener und ein Ende des Krieges gegen Kurd:innen in Nordsyrien zu sprechen. Die Türkei greift dort fast täglich kurdische Ziele an, wodurch 1,5 Millionen Menschen vertrieben wurden. „Wer weniger Flüchtlinge in Deutschland will, muss sich für eine friedliche Lösung der Konflikte in Syrien, im Irak, in und um Kurdistan und im gesamten Nahen Osten einsetzen. Darüber muss Scholz mit Erdogan Klartext reden. Denn der türkische Machthaber ist ein wichtiger Akteur, der zu all diesen Problemen beiträgt, anstatt Teil der Lösung zu sein. Genau dazu müsste Scholz Erdogan aber bewegen“, schloss Sido.
Foto: Protest in Göttingen gegen türkische Chemiewaffen in Kurdistan, November 2022, Symbolbild © ANF