In den vergangenen 18 Jahren wurden Gefängnisse in der Türkei praktisch am Fließband produziert. Auf jegliche Form der Äußerung von Opposition gegenüber dem AKP/MHP-Regime drohen Haftstrafen. So sind die Gefängnisse immer übervoll belegt, obwohl mit der Justizreform in diesem Jahr 90.000 Gefangene, vor allem aus dem AKP/MHP-Klientel, freigelassen wurden. Politische Gefangene waren von der Reform ausgeschlossen. Die Zahl der seit Oktober 2019 Inhaftierten ist nicht bekannt, dürfte aber immens sein. Fast täglich finden Festnahmen und Inhaftierungen statt.
Belegung der Gefängnisse wird geheim gehalten
Bereits mit der Ausrufung des Ausnahmezustands im Jahr 2016 wurden Informationen über die Situation in den Gefängnissen per Dekret massiv eingeschränkt. Auch das Justizministerium und die Vollzugbehörde haben in den vergangenen Jahren aufgehört, Statistiken zu publizieren. Sowohl auf der Website der Vollzugsbehörde als auch beim Justizministerium ist nichts aktuelles über die Anzahl der Untersuchungs- und Strafgefangenen zu erfahren. Die letzte Zahl stammt von der Vollzugsbehörde von Oktober 2018. Damals soll es demnach 258.660 Strafgefangene gegeben haben.
Die Anzahl der Gefängnisse
Menschenrechtsinitiativen konnten eine Zahl von 445 Gefängnissen zum 1. Juli 2020 erfassen. Davon sind neun Haftanstalten für Frauen und sieben für Jugendliche. 163 Anstalten dienen dem offenen Vollzug, davon sieben für Frauen und vier für Jugendliche. Das Ministerium schreibt, die Kapazität liege bei 236.755 Haftplätzen. Nach Angaben des Justizministeriums wird im Moment durch Neubauten eine Aufstockung auf 800.000 Haftplätze umgesetzt. Das bedeutet, dass jeder Hundertste in der Türkei und Nordkurdistan inhaftiert werden kann.
Die Gefängnisse in Kurdistan
Auf der Website der Vollzugsbehörde lässt sich nachlesen, dass sich mit Stand vom 1. Oktober 2019 87 Gefängnisse in Nordkurdistan befinden. Auch hier ist die Zahl der Insass*innen nicht zu ermitteln. Politische Gefangene aus Nordkurdistan werden häufig weit in den Westen verlegt, um ihren Angehörigen die Besuche so schwer wie möglich zu machen.