Der Menschenrechtsverein IHD berät an diesem Wochenende auf einer Konferenz in Amed (tr. Diyarbakir) über eine Lösung der kurdischen Frage und Wege zu einem dauerhaften Frieden in der Türkei. An der zweitägigen Veranstaltung nehmen Wissenschaftler:innen, Politiker:innen, Jurist:innen, Autor:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen aus dem In- und Ausland teil.
Schweigeminute für die Opfer des Giftgasangriffs in Helebce am 16. März 1988
In der Eröffnungsrede wies Hüseyin Küçükbalaban, Ko-Vorsitzender des IHD, auf den syrischen Bürgerkrieg und das Fehlen einer friedlichen Lösung in Rojava hin und sagte, dass alles, was mit Rechten und Freiheiten zu tun hat, weltweit unter schwerem Beschuss steht: „Der Faschismus nimmt auf internationaler Ebene zu. Regionale Konflikte wirken wie eine Probe für einen neuen Weltkrieg. Während die Kampfhandlungen in der Ukraine wie ein Vorgefecht des dritten Weltkriegs ablaufen, tötet das anhaltende und grenzenlose Grauen Israels im Gazastreifen nicht nur Kinder und Frauen, sondern auch den Reflex in den Köpfen und Herzen aller Zuschauenden, dem Einhalt zu gebieten.“
Hüseyin Küçükbalaban (links): „Abdullah Öcalan ist ein wichtiger Akteur“
Küçükbalaban erklärte, dass die Türkei in Bezug auf ihre ethnischen, sprachlichen, religiösen und kulturellen Merkmale eine pluralistische Struktur aufweist. „Als IHD unterstreichen wir, dass das grundlegende Problem des Landes eine Frage der Menschenrechte und der Demokratie ist. Wichtigster Bestandteil dieses grundlegenden Problems ist die kurdische Frage. Die Verleugnung der kurdischen Frage muss aufgegeben werden, sie muss für einen gesellschaftlichen Frieden anerkannt werden. Um einen dauerhaften Waffenstillstand zu erreichen, sollte Abdullah Öcalan als wichtiger Akteur bei der Lösung der kurdischen Frage so schnell wie möglich die Möglichkeit erhalten, sich mit seinen Angehörigen und seinen Anwälten zu treffen. Es muss ein Weg zu Verhandlungen und Versöhnung geöffnet werden, und alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen müssen sich an diesem Prozess beteiligen können.“
Themen der Konferenz sind „Erfahrungen mit Konfliktlösungen und Friedensprozessen in der Welt", „Frieden im Nahen Osten und eine demokratische Lösung der kurdischen Frage", „Ist ein neuer Friedensprozess in der Türkei im zweiten Jahrhundert der Republik möglich?", „Rolle der Zivilgesellschaft und der Frauen beim Aufbau von Frieden“ und „Politische Macht und Frieden". Unter den Referent:innen sind neben Expert:innen aus der Türkei und Kurdistan auch der irische Abgeordnete Francie Molloy (Sinn Féin) sowie George Rashmawi als Sprecher palästinensischer Gemeinden in Europa.