Friedensakademiker in der Türkei freigesprochen

Die vier Akademiker*innen Esra Mungan, Meral Camcı, Muzaffer Kaya und Kıvanç Ersoy waren die ersten, die wegen des Friedensappells „Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein“ verhaftet wurden. Heute wurden sie freigesprochen.

Im Prozess um den Friedensappell „Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein“ sind die Akademiker*innen Esra Mungan, Meral Camcı, Muzaffer Kaya und Kıvanç Ersoy freigesprochen worden. Wie Meral Camcı über Twitter mitteilte, haben die Angeklagten dreieinhalb Jahre dafür gekämpft. Das Urteil sei Ergebnis eines gemeinsamen Kampfes, so die Akademikerin.

In Reaktion auf die über die Monate andauernden Ausgangssperren in Nordkurdistan, bei denen das türkische Militär mit äußerster Gewalt gegen Zivilisten vorging, verfasste Tuna Altınel, Professor für Mathematik an der Universität Lyon I, Anfang 2016 den Friedensappell „Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein“. Insgesamt 1.100 Wissenschaftler*innen und Intellektuelle von 89 Universitäten setzten sich mit ihrer Unterschrift „für ein Ende der Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung” in Nordkurdistan ein und forderten die türkische Regierung auf, die Friedensverhandlungen mit dem kurdischen Volk wiederaufzunehmen. Später stieg die Zahl der Unterschriften auf über 2200.

Auf den Friedensappell folgte eine Entlassungswelle. Im Ausnahmezustand entließ die Regierung unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan per Notstandsdekret mehrere tausend Wissenschaftler*innen. Hunderte der Betroffenen sind Teil der Initiative „Akademiker*innen für den Frieden“. Erdogan bezeichnete sie als eine „Bande ignoranter, dunkler Gestalten“ und „Landesverräter“, die „dafür bezahlen“ müssten.

Knapp 700 „Friedens-Akademiker“ mussten seitdem vor Gericht erscheinen. In 185 Fällen ergingen Urteile zu Haftstrafen von 15 bis 36 Monaten wegen der Verbreitung von „Terrorpropaganda“, auch Tuna Altınel wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Neun der Verurteilten hatten sich später an das Verfassungsgericht gewandt. Das entschied, ihre Rechte seien verletzt worden und Prozesse müssten neu aufgerollt werden. Sie erhalten zudem jeweils eine Entschädigung von 9000 Lira (umgerechnet rund 1430 Euro). Außerdem will das Verfassungsgericht Kopien des Urteils an die untergeordneten Instanzen schicken, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden.

Esra Mungan, Meral Camcı, Muzaffer Kaya und Kıvanç Ersoy waren im März 2016 verhaftet und am 22. April 2016 aus dem Gefängnis entlassen worden.