Fahnenprozess gegen Antifaschisten in Lüneburg

In Lüneburg steht demnächst ein Antifaschist vor Gericht, der eine Antifa-Enternasyonal-Fahne auf einer Demonstration gegen den Krieg auf Efrîn getragen hat. Die Behörden sehen in dem Symbol ein verbotenes Zeichen, mit dem „PKK/KCK-Werbung“ gemacht werde.

Vor dem Amtsgericht Lüneburg findet übernächsten Montag ein Prozess gegen einen Antifaschisten statt, der einen Strafbefehl wegen einer Antifa-Enternasyonal-Fahne auf einer Demonstration im März 2018 gegen die Invasion der Türkei in der nordsyrischen Region Efrîn zurückgewiesen hat. Dem Aktivisten wird vorgeworfen, mit dem Tragen dieser Fahne gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben. Begründet wird das Verfahren damit, dass das Antifa-Enternasyonal-Symbol ein von der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) usurpiertes Kennzeichen darstellen soll. Eigentlich sollte der Prozess schon am 9. März stattfinden, vier Tage vor dem Verfahren sagte das Gericht den Termin kurzfristig ab. Ein Grund wurde nicht genannt. Unterstützer*innen des Angeklagten rufen unter dem Motto „Lass die Sonne in dein Herz“ zur solidarischen Prozessbegleitung am 29. Juni um 12.30 Uhr beim Lüneburger Amtsgericht am Marktplatz (Am Ochsenmarkt 3) auf.

Das Verfahren gegen den Antifaschisten wird von der Staatsanwaltschaft Lüneburg geführt. Konkret wird die Anklage damit begründet, dass die Antifa-Enternasyonal-Fahne ein abgewandeltes Symbol der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beziehungsweise der KCK darstellen würde. Beide Organisationen sind in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegt.

Drei Angebote der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen

Im April und im Oktober 2018 sowie nochmals im Januar 2019 bot die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Ermittlungsverfahren an, mit der Bedingung, dass auf Rückgabe der sichergestellten Fahne verzichtet wird. Im Mai 2019 folgte schließlich ein Strafbefehl des Amtsgerichts. Da Widerspruch eingelegt wurde, wird vor dem Amtsgericht Lüneburg nun der Prozess gegen den Träger der Fahne stattfinden.

Die inkriminierte Fahne zeigt auf grünem Grund ein Antifa-Logo mit der türkischen Beschriftung „Antifa Enternasyonal“, welches durch gelbe Sonnenstrahlen eingefasst ist. Die Staatsanwaltschaft interpretiert die Antifa-Fahne falsch und behauptet, dass das Antifa-Symbol den Kern einer Sonne und einen roten Stern überdecken würde. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft könne die Verbindung des Hintergrundes mit dem Antifa-Enternasyonal-Logo nur bedeuten, dass die Antifa durch die Fahne die Anliegen der PKK unterstütze. In einem Beschluss des Landgerichts Lüneburg zu einer Beschwerde gegen die Beschlagnahme der Fahne werden dem Träger und der Antifa zudem nicht nur die Unterstützung der PKK vorgeworfen. Die Verwendung der Fahne sei sogar „Werbung für die PKK und ihrer Unterorganisationen”.

Demonstration am 24. März 2018 in Lüneburg gegen die Besetzung von Efrîn

Gericht: „Wie eine nicht vollständige Überdeckung eines Hakenkreuzes”

Auch das Lüneburger Landgericht will also ein verbotenes Symbol sehen. In seinem Beschluss versteigt es sich dann in die sehr krude These, dass das vollständige Überdecken des Roten Sterns in der originären KCK-Fahne durch das Antifa-Enternasyonal-Logo, wegen dem verbleibenden Hintergrund genauso zu werten sei wie eine „nicht vollständige Überdeckung eines Hakenkreuzes”. Die Antifa Lüneburg/Uelzen erklärt dazu: „Um die Verfolgung und ein Verbot der Fahne fortzuführen beziehungsweise zu erreichen, wird durch Staatsanwaltschaft und Gericht eine eigene Begründung konstruiert. Sie behaupten, eine Übereinstimmung mit wesentlichen Vergleichspunkten des verbotenen Originalkennzeichens der KCK. Dabei geht es den Verfolgungsbehörden darum, die Antifa-Enternasyonal-Fahne als ein symbolträchtiges Kennzeichen zu deuten, welches dazu diene, das Verbot der PKK zu unterlaufen und den Anschein einer ungehinderten Vereinsbetätigung zu erwecken. Dieser Gefahr sei vorzubeugen und dafür dürfe der Ähnlichkeitsbegriff großzügiger ausgelegt werden. Ignoriert wird dabei, dass das Symbol beziehungsweise die Fahne nicht in die Bergen Kurdistans entstanden ist, sondern aus der internationalistischen, antifaschistischen Bewegung Deutschlands.”

Deutsche Verbotspolitik weitet Repressionsmaßnahmen aus

Deshalb sei der Entschluss gefasst worden, die Einstellungsangebote der Staatsanwaltschaft, mit dem Verzicht auf Herausgabe der Fahne, nicht anzunehmen. „Das Ermittlungsverfahren beruht auf bloßen Vermutungen und einer Hypothese des Staatsanwalts. Die Fahne wird seit Jahren in der BRD verwendet, sie ist frei verkäuflich, ist nicht in den Listen des Innenministeriums der verbotenen Symbole aufgeführt und ein Verbot ist nicht bekannt. Vielmehr ist die Staatsanwaltschaft Lüneburg für ihren Verfolgungseifer gegen die kurdische Freiheitsbewegung berüchtigt und versucht die deutsche Verbotspolitik mit ihren Repressionsmaßnahmen noch weiter auszudehnen.”

Nachdem fast sämtliche Symbole der kurdischen Freiheitsbewegung verboten wurden, nehme die Staatsanwaltschaft sich jetzt eins der antifaschistischen Bewegung vor: „Die grüne Fahne mit dem Antifa-Logo soll verboten werden, weil sie für eine antifaschistische Bewegung steht, die internationalistisch, feministisch, ökologisch, antikapitalistisch und solidarisch ist. Die eine Perspektive formuliert hat, die sich am Schwur von Buchenwald orientiert und eine Welt des Friedens und der Freiheit zum Ziel hat.”

Solidarität zeigen

Für den Prozess in Lüneburg und mögliche Verhandlungen in höheren Instanzen wird neben Solidarität auch viel Geld benötigt, teilt die Ortsgruppe von Antifa mit. Spenden können auf ein Solidaritätskonto überwiesen werden:

Kontoinhaber*in: Solidarität

Band: Volksbank Lüneburger Heide

IBAN: DE90 2406 0300 0125 3816 00

Stichwort: Flagge zeigen (bitte angeben)