Die „Rojava Solidarität Bochum" veranstaltet am 24. September im Falkenheim in Bochum einen Fachtag unter dem Titel: Wölfe im Schafspelz ‒ Türkische Nationalist:innen und islamische Fundamentalist:innen in Deutschland.
Auf dieser Tagesveranstaltung sollen die migrantisch geprägten extrem rechten Organisationen ‒ von Faschist:innen bis hin zu religiösen Fundamentalist:innen ‒ unter die Lupe genommen sowie ihre Netzwerke und Kooperationen näher beleuchten werden.
Der Ablauf des Tages ist wie folgt vorgesehen:
ab 10.00 Uhr: Einlass
ab 10.30 Uhr: Begrüßung
ab 11.00 Uhr: Block I ‒ Veysel Işık: Graue Wölfe, MİT (türkischer Geheimdienst) mit anschließender Diskussion
ab 12.00 Uhr: Pause
ab 12.15 Uhr: Block II ‒ Lena Wiese: Frauen in ultranationalistischen türkischen Szenen mit anschließender Diskussion
ab 13.15 Uhr: Mittagspause mit kleinen Snacks
ab 14.15 Uhr: Block III ‒ Orhan Sat: DİTİB und Millî Görüş mit anschließender Diskussion
Ende gegen 16.00 Uhr
Zum Hintergrund des Fachtages erklärt die „Rojava Solidarität Bochum“:
Geht es hierzulande um das Thema Integration, so freuen sich gerade die Vertreter*innen der hiesigen deutschen Politik, wenn sie verschiedene migrantische Vereine und Organisationen als direkte Ansprech- und Kooperationspartner in ihrer Nähe wissen.
Diese werden dabei nicht nur als direkte Stellvertreter der jeweiligen migrantischen Community betrachtet. Sie stehen aus herkunftsdeutscher Sicht vor allem auch als Symbol für eine gelungene oder zumindest werdende Integration bzw. für einen gelungenen „multi-kulturellen“ Gesellschaftsentwurf.
Neben der Zielsetzung, für eine offenere, demokratischere und liberalere Gesellschaft zu arbeiten, finden sich dann in den jeweiligen Netzwerken nicht selten Organisationsnamen wie DİTİB, IKV oder ATİB.
In den seltensten Fällen wissen Politiker*innen oder zivilgesellschaftliche Akteur*innen jedoch, wofür die einzelnen Kürzel stehen und welche Organisationen und Ideologien sich dahinter verbergen.
Tatsächlich steht man dann zuweilen in einer Reihe mit türkischen Faschist*innen, wie den Grauen Wölfen, MHP oder AKP oder islamistischen Gruppen wie den Muslimbrüdern.
Während türkische Nationalist*innen mit ihrer völkischen und rassistischen Ideologie des Turanismus das Ziel eines großtürkischen Reiches anstreben, lässt sich grade in islamistischen Kreisen immer wieder der Wunsch nach Vereinigung aller islamischen Länder unter der Scharia, dem Panislamismus, nachweisen.
Dies geschieht nicht selten mit positivem Bezug zum Islamischen Staat (IS/Daesh). Im Ergebnis werden so politisch äußerst fragwürdige Organisationen von deutschen Politiker*innen als Vertreter*innen für eine homogen imaginierte migrantische Community erwählt. Darüber hinaus werden solche Organisationen durch die ihnen zugeschriebene Vertreter*innenrolle in ihrer Bedeutung aufgewertet.
Sie haben nicht nur Vorteile bei der Beantragung öffentlicher Mittel, die dann z.B. türkischen Faschist*innen und Islamist*innen wie den Muslimbrüdern zugute kommen, sondern sind auch in der Lage, Diskurse in der migrantischen Community zu dominieren.
Diejenigen, die sich mit diesen Organisationen in der Öffentlichkeit kritisch auseinandersetzen werden bedroht, eingeschüchtert und diffamiert.
Darüber hinaus versuchen diese Organisationen auch gezielt Parteien oder Gewerkschaften zu unterwandern. Mit der politischen Entwicklung in der Türkei haben sich Verhältnisse zwischen den einzelnen Strömungen abermals verändert.
Aktuelle Netzwerke und Konstellationen sind weniger überschaubar und die Trennung von türkischen Nationalist*innen und islamischen Fundamentalist*innen ist aufgrund der Koalition von AKP und MHP unschärfer geworden.
So propagieren beispielsweise die Grauen Wölfe weiterhin ihren nationalistischen Wahn, während durch die AKP ein verstärkter religiös-fundamentalistischer Einfluss auf die migrantische Community in Deutschland nachgewiesen werden kann.
Gerade diese Melange zwischen Religion und Nation erschwert die politische Arbeit der Menschen aus linken, demokratischen und liberalen Oppositionsbewegungen. Sowohl hier als auch in den Herkunftsländern.
Während hierzulande so gut wie jeder links-liberale bis radikal linke Mensch einen mehr oder weniger geschärften Blick für die „eigene“ herkunftsdeutsche, extreme Rechte hat, werden die oben ausgeführten Zusammenhänge meistens nicht gesehen oder als eher zweitrangig eingeordnet.
Eine konsequente antifaschistische Haltung fordert aber genau dies: Unsere Solidarität muss all denjenigen gelten, die von Rassismus, religiösem Fundamentalismus oder Faschismus betroffen sind, unabhängig von der Herkunft der Täter*innen.
Daher wollen wir aufklären, uns positionieren und die Betroffenen unterstützen. Die Tagesveranstaltung soll diese migrantisch geprägten extrem rechten Organisationen – von Faschist*innen bis hin zu religiösen Fundamentalist*innen ‒ unter die Lupe nehmen sowie ihre Netzwerke und Kooperationen näher beleuchten.
Zu den Referent:innen schreiben die Organisator:innen:
Veysel Işık, Journalist, stammt aus Kurdistan. Studium der öff. Verwaltung in der Türkei. Abbruch wg. politischer Verfolgung. Seit 1999 für verschiedene kurdische Medien tätig.
2003 Flucht nach Deutschland. In Europa weiter bei kurdischen Fernsehsendern und Tageszeitungen tätig, aktuell bei „Medya Haber TV“ als Reporter, Kameramann und Cutter. Er schreibt zudem für „Yeni Özgür Politika“ und „Nupel“.
Lena Wiese, interdisziplinäre Sozialwissenschaftlerin, hat in ihrer Masterarbeit den Fokus auf ultranationalistische Frauen im türkischen Ultranationalismus gelegt. Sie ist die Vorsitzende des „Verein für die solidarische Gesellschaft der Vielen e.V.“ in Duisburg.
Orhan Sat, Politikwissenschaftler und Soziologe, recherchiert und referiert seit Jahren zu türkischem Nationalismus und religiösem Fundamentalismus in Deutschland. Die Organisationsstrukturen, ideologische Orientierung, deren Verhältnis zueinander und das Verhältnis zum Mutterland (die Türkei) dieser Organisationen stellen Hauptgegenstand seiner Arbeit dar. Orhan Sat bezieht in seinen Vorträgen die besondere Rolle des türkischen Staates in diesen Organisationen ein und er zeigt diese Rolle des türkischen Staates aus unterschiedlichen Perspektiven.
Die Teilnahme an der Tagesveranstaltung ist kostenfrei. Die Organisator:innen erwünschen zur besseren Planung ein Anmeldung bis zum 16.09.2022 per mail an: [email protected]
Eine Teilnahmezusage wird in der Reihenfolge der Anmeldungen folgen. Zudem weisen die Veranstalter:innen darauf hin, dass am 24.09. 22 die gültigen Coronaregeln gelten.
Die Veranstaltung findet im Kinder- und Jugendzentrum, Falkenheim, Akademiestraße 69, in 44789 Bochum, etwa zehn Minuten Fußweg vom Hauptbahnhof statt.