Evakuierung statt Umbau von Horrorlagern auf griechischen Inseln

Seit Wochen warten 1.600 unbegleitete Minderjährige in den griechischen Hotspots auf die Einlösung des Evakuierungsversprechens der EU. Statt endlich Worten auch Taten folgen zu lassen, fordert Entwicklungsminister Gerd Müller den Umbau des Lagers Moria.

Seit Anfang März stehen acht EU-Staaten und die Schweiz im Wort, 1.600 minderjährige unbegleitete Schutzsuchende von den griechischen Inseln zu holen. Passiert ist seither nichts, obwohl die ersten Camps mittlerweile Corona-Infektionen melden. Zwar hat Griechenland am Dienstag das Verfahren zur Ausreise minderjähriger Flüchtlinge in andere EU-Staaten in die Wege geleitet – es handelt sich um zwölf Kinder, die nach Luxemburg gebracht werden sollen. Die Evakuierung der Minderjährigen soll allerdings erst in den kommenden Tagen geschehen, teilte das Büro des stellvertretenden griechischen Migrationsministers Giorgos Koumoutsakos mit.

Humanitäre Organisationen fordern seit langem die Evakuierung der griechischen Lager. Vor allem in Zeiten der Corona-Krise sei das notwendiger denn je. In den Camps harren unter menschenunwürdigen Bedingungen Zehntausende Menschen aus.

Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert „dringend Hilfe“ für die Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. „Die EU muss schnell handeln und als Erstes das Versprechen einlösen, die betroffenen Kinder zu evakuieren“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Aber das Problem sei nicht gelöst, wenn die Kinder aufgenommen würden. Deswegen müsse die EU das Lager Moria „in kleinere Einheiten umbauen“ und auf die Standards des UN-Flüchtlingshilfswerks bringen. Er habe das Camp selbst besucht und gesehen, wie 20.000 Menschen in einem Lager, das für 3.000 Menschen ausgelegt sei, auf engstem Raum zusammengepfercht leben. Müller sprach von „einer Schande“.

Ulla Jelpke: Absurde Forderung von Entwicklungsminister

Doch so richtig Müllers Analyse sei, dass eine Evakuierung von 1.600 Kindern nicht ausreicht, so falsch sei seine Forderung nach einem Umbau der Hotspots, sagte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke. „Dass er hier von einem Umbau nach UNHCR-Standards spricht ist absurd – denn der UNHCR hat sich klar geäußert. Er fordert die Freilassung der ‚aller Flüchtlinge und Migranten, die in geschlossenen Einrichtungen oder bewachten Lagern festgehalten werden.‘ Ich kann Müller nur beipflichten, wenn er sagt die Zustände in Moria seien eine Schande. Aber diese Lager der Schande brauchen keinen neuen Anstrich, sie müssen geschlossen und die Menschen umgehend evakuiert und ihren Bedürfnissen entsprechend in der EU verteilt werden.“

Jelpke kritisierte zudem, dass die 1.600 unbegleitete Minderjährige in den Hotspots in Griechenland seit Wochen auf die Einlösung des Evakuierungsversprechens der EU warten. „Statt endlich Worten auch Taten folgen zu lassen, verzögert die Bundesregierung die Evakuierung mit billiger Hinhaltetaktik. Doch die in Aussicht gestellte Rettung eines handverlesenen Teils unbegleiteter Kinder reicht bei weitem nicht aus, stattdessen müssen diese Horrorlager an der Grenze sofort aufgelöst werden. Selbst für diejenigen politisch Verantwortlichen, die ihre Humanität längst über Bord geworfen haben, sollte doch zumindest das Argument zählen, dass diese Massenunterbringungen von gesundheitlich geschwächten Menschen auf engstem Raum angesichts der Corona-Pandemie  auch ein Risiko für sie selbst darstellen“, sagte Jelpke.