Die in der Türkei inhaftierten Mitglieder der Sozialistischen Partei der Unterdrückten (Ezilenlerin Sosyalist Partisi, ESP) sind in Solidarität mit der kurdischen Politikerin Leyla Güven und Hunderten Gefangenen aus PKK- und PAJK-Verfahren in einen Hungerstreik getreten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Etkin Haber Ajansı (ETHA) am Sonntag. An dem 15-tägigen Solidaritätshungerstreik mit der Forderung nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans beteiligt sich auch die inhaftierte Ko-Vorsitzende der Partei, Çiçek Otlu. Die Politikerin befindet sich seit August 2017 wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation“ in Untersuchungshaft. Ihr werden unter anderem die Teilnahme an Beerdigungen und Beiträge in den sozialen Medien vorgeworfen.
Hintergrund des Hungerstreiks
Der Hungerstreik der HDP-Abgeordneten Leyla Güven gegen die Isolation Öcalans hält seit mittlerweile 116 Tagen an. Güven, die ihren Protest am 7. November im Gefängnis von Amed (Diyarbakir) aufnahm, wo sie aufgrund ihrer Kritik an der türkischen Militärinvasion in der nordsyrischen Kantonshauptstadt Efrîn ein Jahr in Untersuchungshaft saß, fordert mit ihrer Aktion die Gewähr regelmäßiger Kontakte zu Öcalan, der als Schlüsselfigur für eine Lösung der kurdischen Frage gilt.
Der Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung befindet sich seit seiner Verschleppung im Februar 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer. Der letzte Besuch seiner Anwälte fand vor fast acht Jahren statt. Seit Abbruch der Friedensverhandlungen mit der PKK durch die türkische Regierung im Jahr 2015 wird Öcalan von der Öffentlichkeit abgeschottet. Nach dem letzten Familienbesuch im September 2016 war sein Bruder Mehmet Öcalan erstmalig wieder am 12. Januar für ein 15-minütiges Gespräch auf Imrali. Die Hungerstreikenden erklärten anschließend, dass ihre Forderung damit nicht erfüllt sei. Sie fordern Bedingungen für Öcalan, in denen er als Vorsitzender einer legitimen Bewegung frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage beizutragen.
Hungerstreik entwickelt sich zu Massenprotest
Leyla Güven hat mit ihrer Aktion eine Protestbewegung initiiert, der sich Hunderte Menschen angeschlossen haben. In den türkischen Gefängnissen waren es bis zum 1. März 331 Gefangene aus PKK- und PAJK-Verfahren, die im unbefristeten Hungerstreik sind. Vor zwei Tagen wurde die Aktion sogar auf alle Gefängnisse ausgeweitet. In Straßburg haben sich am 17. Dezember 14 Menschen der Aktion angeschlossen. Auch in Toronto, Newport, Kassel, Nürnberg, Duisburg, Genf und weiteren Städten sind Aktivisten in einen Hungerstreik getreten. Der HDP-Aktivist Nasır Yağız ist in der südkurdischen Stadt Hewlêr (Erbil) seit 102 Tagen im Hungerstreik. In vielen anderen Städten finden befristete Solidaritätsaktionen statt.
Seit dem 1. März befinden sich auch die in der Türkei inhaftierten Mitglieder der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch) und der MLKP (Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei) im Solidaritätshungerstreik.