Eröffnung des PKK-Prozesses gegen Mustafa T. in München

Am Mittwoch beginnt vor dem OLG München der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Mustafa T. Die Anklage wirft ihm PKK-Mitgliedschaft vor, weil er sich gegen die völkerrechtswidrigen Angriffe auf Kurdistan engagiert hat.

Am 6. Oktober findet vor dem Oberlandesgericht (OLG) München der Auftakt des Prozesses gegen den langjährigen kurdischen Aktivisten Mustafa T. statt. Das teilt der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mit. Die Anklage wirft ihm vor, als Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§§129a/b StGB) von Juli 2019 bis Mai 2020 das „PKK-Gebiet“ Ulm und seit Juli das Gebiet München/Südbayern verantwortlich geleitet zu haben.

Als „terroristische“ Aktivität stigmatisiert wird seine Teilnahme an Protestveranstaltungen, u.a. gegen völkerrechtswidrige Angriffe der türkischen Armee auf von Kurd:innen bewohnte Regionen im Nordosten Syriens oder des Nordiraks. Zum Vorwurf erhoben wird zudem, dass er eine Verhandlung gegen kurdische Angeklagte vor dem OLG Stuttgart-Stammheim besucht oder sich an einer Demonstration gegen die Verurteilung von politisch Aktiven der linken türkischen TKP/ML in München beteiligt habe. Dass er im November 2019 an einer Trauerfeier für einen „PKK-Aktivisten“ teilgenommen, einer Familie wegen eines tödlichen Unglücksfalls kondoliert, sich mit einem Unbekannten über eine Immobilie unterhalten oder Jugendliche motiviert habe, an der Demonstration zum Gedenken an die drei im Januar 2013 in Paris ermordeten Kurdinnen teilzunehmen, soll eine Anklage gemäß §§129a/b StGB rechtfertigen. Kriminalisiert wird auch, dass Mustafa T. „457 Personen“ dazu aufgerufen habe, für die von Heyva Sor a Kurdistanê – dem kurdischen Roten Halbmond - initiierte Kampagne „Geschwisterkinder“ zu spenden.

Die Anklage basiert hauptsächlich auf „Erkenntnissen“ aus der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) durch die Landeskriminalämter von Bayern und Baden-Württemberg. Weil sich Mustafa T. dem Strafverfahren – wie von der Generalstaatsanwaltschaft München behauptet – hätte entziehen können und damit Fluchtgefahr bestehe, wurde gegen ihn Untersuchungshaft angeordnet. Seit seiner Verhaftung im Dezember 2020 befindet er sich in der JVA München-Stadelheim.

Die Hauptverhandlung beginnt am 6. Oktober 2021 um 9.30 Uhr und findet statt im Sitzungssaal A 101, Strafjustizzentrum München, Nymphenburger Straße 16. Die nächste Verhandlung ist am 25. Oktober 2021; weitere Termine sind vorerst bis zum 10. Januar 2022 bestimmt.

Derzeit befinden sich elf kurdische Aktivisten in U- bzw. Strafhaft. Wegen Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz hat der BGH im April dieses Jahres entschieden, den Haftbefehl gegen Yilmaz A. außer Vollzug zu setzen. Einen Termin für den Beginn des Prozesses gibt es nicht. Ein 129b-Verfahren, das vor dem OLG Stuttgart gegen Kamuran Y. VESEK geführt wird, läuft seit dem 8. Oktober 2020.

Seit auch die PKK im Oktober 2010 vom Bundesgerichtshof (BGH) als terroristische Vereinigung im Ausland eingestuft wurde, (zuvor wurde die Organisation entweder nach §129a oder nach §129 StGB kriminalisiert), hat AZADÎ 49 Verfahren dokumentiert. Alle Betroffenen sind zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt worden bzw. laufen Verfahren oder stehen noch bevor.