Efrîn-Solidarität nicht mehr unter Terrorverdacht

Das Ermittlungsverfahren gegen Terrorverdächtige im Wendland, die mit einem Transparent ihre Solidarität mit Efrîn zum Ausdruck gebracht haben, ist eingestellt worden.

Am 20. Februar 2018 überfielen Sondereinheiten der Polizei den Gasthof Meuchefitz im Wendland. Parallel dazu fand die völkerrechtswidrige Militärinvasion der Türkei im nordsyrischen Kanton Efrîn statt. Der Polizeieinsatz in Meuchefitz endete mit der Beschlagnahmung eines Transparentes und einem Ermittlungsverfahren nach dem Terrorparagrafen 129b.

Wir haben mit Hans-Erich Sauerteig vom Gasthof Meuchefitz über die Razzia und den Stand des Verfahrens gesprochen.

Kannst du uns erklären, warum und wie diese Razzia ablief?

Der Einsatz hatte das Ziel, ein Transparent am Haus mit der Aufschrift „Türkische Truppen & deutsche Waffen morden in Rojava! Es lebe die YPJ/YPG!" zu beschlagnahmen. Hierzu umstellten ungefähr 80 mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten das Haus und Gelände und drangen ein, als müssten sie einen Terrorangriff abwehren. Dabei waren sie die einzigen, die Terror verbreiteten. Die im Haus anwesenden Personen hatten die Gefahr rechtzeitig erkannt und die Zimmertüren schon mal geöffnet, damit diese nicht zertrümmert werden. Dass die vollvermummten und bewaffneten Polizisten auch noch Kleinkinder bedrohen, konnte nur durch das energische Dazwischengehen der Eltern verhindert werden. Nach Personalienfeststellung und Abhängen des Transparentes, das fast einen Monat an der Fassade gehangen hatte, zogen sie wieder ab. Warum zum Abhängen eines einzigen Transparentes 80 bewaffnete Polzisten notwendig sind, erschließt sich aus der Maßnahme an sich nicht. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Einschüchterung und Unterdrückung der Solidarität mit dem kurdischen Freiheitskampf im Vordergrund stand.

Aus welchem Grund habt ihr das Transparent aufgehängt?

Mit dem Transparent wollten wir unsere Verbundenheit mit der Bevölkerung in Efrîn und den Befreiungskräften zum Ausdruck bringen und auf der anderen Seite die Unterstützung der deutschen Regierung anprangern.

Habt ihr mit so einer Reaktion wegen eines Transparents gerechnet?

Natürlich nicht, wir hatten eigentlich mit gar keiner Reaktion der Polizei gerechnet, war doch das völkerrechtswidrige Vorgehen der Türkei in allen Medien breit genug behandelt und verurteilt worden. Und der Vorwurf der Waffenlieferung an einem im Krieg befindlichen Staat ist ja nun auch nichts, was neu und besonders linksradikal ist.

Wie war die Reaktion in eurem Dorf, in der Umgebung?

Innerhalb des fortschrittlichen Teils der Bevölkerung haben wir breite Unterstützung erfahren und selbst in der bürgerlichen Presse stieß der Einsatz der Polizei auf breites Unverständnis.

Gegen dich wurde ein Ermittlungsverfahren  wegen „Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach Paragraf 129b eingeleitet. Lief dieses Verfahren gegen dich allein oder sind noch andere Mitglieder des Gasthofkollektivs betroffen?

Soweit bekannt nur gegen mich, aber die Ermittlungsakten wurden meinem Anwalt mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren verweigert.

Hast du oder hat dein Rechtsanwalt jetzt Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen?

Nachdem die Ermittlungen abgeschlossen sein sollen, haben wir die Ermittlungsakten angefordert. Mal sehen, mit welchem Hinweis uns diesmal versucht wird, die Ermittlungsakten zu verweigern.

Wurde dir der Grund für die Einstellung des Verfahrens mitgeteilt?

Nein. Wir hoffen aber, dass das aus den Ermittlungsakten deutlich wird.