Am vergangenen Dienstag, dem 20. Februar, ritt die Polizei gegen 9.00 Uhr in Meuchefitz im Wendland (Landkreis Lüchow-Dannenberg) im „Gasthof des Widerstands“ ein, um ein Solidaritätstransparent für Efrîn zu beschlagnahmen. Dabei hatten sie einen Durchsuchungsbeschluss, der behauptete, dass die Verwendung der Kürzel von YPG und YPJ auf dem Transparent in Verbindung mit der Farbhinterlegung rot-gelb-grün einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz darstelle.
Vermummt und bewaffnet gegen ein Transparent
Etwa eine Hundertschaft vermummter und teilweise mit Maschinenpistolen bewaffneter Polizisten umstellte das gesamte Gelände, drang in den Gasthof ein und stellte die Personalien anwesender Gäste fest. Das an der Außenfront des Gebäudes hängende Transparent wurde beschlagnahmt.
„Die Begleitung der Maßnahme durch die Betreiber*innen des Gasthofs wurde untersagt“, erklären IJW-Aktivist*innen gegenüber ANF. „Insofern wissen wir nicht, was die Polizei sonst noch im Gebäude anstellte. Der Durchsuchungsbeschluss richtet sich gegen jemanden, der im Haus weder wohnhaft ist, noch eine offizielle geschäftliche Funktion des Gasthofes bekleidet.“
Auch der angrenzende Wagenplatz wurde umstellt und die Bewohner*innen konnten ihr Gelände zunächst nicht verlassen.
Die Internationale Jugendinitiative Wendland wertet „diesen völlig überzogenen Polizeieinsatz als politische Machtdemonstration, die sich einreiht in eine bundesweite neue Linie gegen die kurdische Bewegung.“
Weiter heißt es in einer Erklärung der Jugendinitiative:
„NAV-DEM gegenüber wurde in Köln von Polizeiseite durchscheinen lassen, dass man sie als Nachfolgeorganisation der PKK betrachte, obwohl hierzu weder ein Erlass des Innenministeriums öffentlich ist, noch ein entsprechender Gerichtsbeschluss vorliegt. NAV-DEM hätte, wie der Verband berichtet, nach Polizeiangaben sein ‚Recht auf Demonstrationsfreiheit verwirkt‘. Wir finden es höchst bemerkenswert, dass der legale Verband wie eine verbotene Organisation behandelt wird, obwohl ein solches Verbot nicht einmal ausgesprochen worden ist.
Ähnliches passiert andernorts, unter unterschiedlichen Vorzeichen, aber immer mit derselben Intention gegen die kurdische Bewegung in der Bundesrepublik. Menschen, die sich mit der Befreiungsbewegung solidarisieren werden momentan mit unterschiedlichsten Methoden massiv unter Druck gesetzt. Eine Spaltung wird dies nicht zur Folge haben!“
Bundesregierung stärkt der Türkei den Rücken
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz durften Erdoğan und seine Schergen wieder einmal ihr Umfeld einschüchtern, darunter den Grünen-Politiker Cem Özdemir, der als Kritiker des AKP-Regimes in der Türkei bekannt ist. Welche Versprechungen Sigmar Gabriel der Türkei gemacht hat, um eine Freilassung des WELT-Auslandskorrespondenten Deniz Yücel zu erreichen, darüber können auch wir nur spekulieren. Die Zusammenarbeit mit dem NATO-Partner Türkei soll offensichtlich weitergehen, trotz der seit anderthalb Jahren noch weiter verschärften Menschenrechtslage im Land und der bei dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf den Kanton Efrîn eingesetzten Panzer aus deutscher Produktion. Deutsche Soldaten starten noch immer vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Konya zu Awacs-Aufklärungsmissionen, deren Luftbilder via NATO auch an die Türkei gelangen und sie dadurch in ihrem Angriffskrieg gegen Efrîn und die YPG und YPJ unterstützen.
Ein genereller Exportstopp für Rüstungsgüter in die Türkei ist weiterhin nicht in Sicht, obwohl der Bundesregierung klar sein muss, welche Ziele die Türkei in Efrîn und ganz Rojava verfolgt. Wir können daraus nur folgern, dass die Bundesregierung sich entschieden hat, der Türkei in ihrem brutalen Vorgehen in Kurdistan weiter den Rücken zu stärken.“
Repression kann den Widerstand nicht schwächen
„Die Repression wird nicht dazu führen, dass der Widerstand erstickt wird. Wenige Stunden nach der Hausdurchsuchung in Meuchefitz setzten sich 100 Menschen in Lüchow gegen den Einschüchterungsversuch zur Wehr. Der bei der Polizei nicht angemeldete Demonstrationszug wurde von einer eingesetzten Hundertschaft mehrfach gestoppt, Menschen wurden geschubst, mit Fäusten bedroht und mit Pfefferspray besprüht. Einige erhielten zudem Anzeigen wegen diverser Verstöße. Durch die Polizeiaktion passiert jedoch genau das Gegenteil dessen, was damit erreicht werden soll. Die Menschen im Landkreis rücken zusammen, anstatt sich ausbremsen und spalten zu lassen. Die Staatsschutzabteilungen beobachten die hiesige linke Szene gegenwärtig sehr genau, zeigen Präsenz in den Dörfern und vor Projekten und es wird versucht, Leute mit verleumderischen Ansprachen von der kurdischen Bewegung zu entfremden.“
Jetzt erst recht!
„Für uns ist klar, dass die Angriffe auf den Widerstand gegen den Krieg in Efrîn und die kurdische Bewegung in Deutschland nur dazu führen können, dass wir uns noch heftiger zur Wehr setzen. Am Meuchefitzer Gasthof hängt inzwischen ein humoristisches Transparent mit der Aufschrift „Freiheit fuer opA! Weg mit dem KPK-Verbot! Solidarität mit der GPY/JPY!“ Entsprechend werden auch wir uns den Einschüchterungen durch Polizei, Innenministerium und Bundesregierung weiterhin kreativ, humorvoll und entschlossen widersetzen. Es lebe der Widerstand!“