Deutsches Auslieferungsgesuch: Serdar Karakoç freigelassen

Der auf deutsches Ersuchen in den Niederlanden verhaftete Journalist Serdar Karakoç ist gegen strenge Auflagen vorläufig freigelassen worden. Der Kurde darf das Land nicht verlassen, sein Pass wurde eingezogen.

Passentzug und Meldeauflagen in den Niederlanden

Der wegen eines Auslieferungsersuchens aus Deutschland in den Niederlanden verhaftete Journalist Serdar Karakoç ist nach einem Haftprüfungstermin gegen eine Kaution von 5000 Euro vorläufig freigelassen worden. Der Kurde muss einmal wöchentlich bei den niederländischen Behörden vorsprechen und darf das Land nicht verlassen, sein Pass wurde eingezogen. Die nächste Anhörung in dem Verfahren ist am 24. Juli.

Serdar Karakoç ist am 23. Mai in den Niederlanden festgenommen worden. Nach Angaben von Rechtsanwalt Yener Sözen wird gegen den Journalisten in Deutschland nach §129b StGB ermittelt. Er werde beschuldigt, zwischen Juli 2017 und Mai 2018 für die Regionen Darmstadt, Saarland und Rheinland-Pfalz verantwortlich gewesen zu sein. Anfang Juni forderten über hundert Medienschaffende aus verschiedenen Ländern seine Freilassung.

Serdar Karakoç

Serdar Karakoç ist alevitischer Kurde und wurde 1960 in Dersim geboren. Seit den 1980er Jahren arbeitet er als Journalist in der Tradition der freien kurdischen Presse. Anfang der 1990er war er Verantwortlicher des Büros der später in der Türkei verbotenen Zeitung „Özgür Gündem“ in Izmir, später wechselte er in die Istanbuler Redaktion. Als die damalige Ministerpräsidentin Tansu Çiller am 3. Dezember 1994 die Redaktionsräume der „Özgür Gündem“-Nachfolgerin „Özgür Ülke“ bombardieren ließ, war Karakoç einer von wenigen Medienschaffenden, die bei dem staatlich angeordneten Anschlag unverletzt blieben. Er verließ die Türkei 2001, um sich der Verfolgung zu entziehen, und lebt seither als anerkannter Flüchtling in den Niederlanden.

Zunehmende Auslieferungsersuchen aus Deutschland

Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mit Sitz in Köln beobachtet seit anderthalb Jahren, dass zunehmend kurdische Aktivist:innen im europäischen Ausland auf Veranlassung der bundesdeutschen Behörden festgenommen und anschließend an Deutschland ausgeliefert werden, um sie hier als vermeintliche PKK-Mitglieder nach § 129b StGB anzuklagen. Sabri Çimen wurde in Frankreich festgenommen und ausgeliefert, Mehmet Çakas aus Italien und Kenan Ayaz aus Zypern. Auch Belgien hat eine Aktivistin ausgeliefert, Ferit Çelik wurde im Februar in Schweden festgenommen.

In Deutschland befinden sich zurzeit zwölf Kurden nach § 129b in Untersuchungs- oder Strafhaft. Zuletzt wurde Haci A. am 22. Mai 2024 auf Betreiben der Generalstaatsanwaltschaft München im bayerischen Fürstenfeldbruck festgenommen und am selben Tag verhaftet. Der Fünfzigjährige ist in der JVA Kempten inhaftiert.

Foto: Archiv YÖP