Rechtswidrige Incommunicado-Haft der Imrali-Gefangenen
Die Sprecher:innen der Rechtskommission der DEM-Partei, Sevda Çelik Özbingöl und Öztürk Türkdoğan, haben beim türkischen Justizministerium eine Genehmigung für einen Besuch bei Abdullah Öcalan beantragt. Der PKK-Begründer und kurdische Vordenker befindet sich seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali und wird vollständig von der Außenwelt isoliert. Seit März 2021 gibt es von Öcalan und seinen drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş kein Lebenszeichen mehr. Das Kontaktverbot gilt auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie für enge Familienmitglieder der vier Gefangenen und schließt eine schriftliche oder telefonische Kommunikation ebenfalls aus.
Die DEM-Politiker:innen wiesen in ihrem Antrag darauf hin, dass der letzte Anwaltsbesuch auf Imrali im August 2019 zugelassen wurde und seitdem jeder Kontakt mit regelmäßig verhängten Disziplinarstrafen gegen die Gefangenen verhindert wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe auf Antrag des Anwaltsteams aus dem Jahr 2014 entschieden, dass eine „Inhaftierung bis zum Tod ohne das Recht auf bedingte Entlassung“ bei einer verschärften lebenslangen Freiheitsstrafe einen Verstoß gegen das Verbot von Folter und Misshandlung in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellt.
Auf eine Anfrage der DEM-Fraktion an den parlamentarischen Menschenrechtsausschuss hatte die für Haftsachen zuständige Abteilung des türkischen Justizministeriums behauptet, dass die Gefangenen im Hochsicherheitsgefängnis Imrali alle gesetzlich vorgeschriebenen Rechte nutzen können und somit der Begriff „Isolation“ nicht zutreffend sei. Die DEM-Politiker:innen bewerten diese Aussage als realitätsfern und stellen fest, dass das Justizministerium nicht in der Lage ist, „die rechtlichen Gründe für den über die Isolation hinausgehenden Zustand der absoluten Nichtkommunikation zu erklären“.
Auch das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) habe nach einem Besuch im Inselgefängnis Imrali im Jahr 2019 festgestellt, dass die Incommunicado-Haft im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsstandards steht. Das Verbot von Anwaltsbesuchen verstoße gegen die 2015 aktualisierten Standard-Mindestregeln der Vereinten Nationen (UN) für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln), gegen die Empfehlungen des Antifolterkomitees des Europarats (CPT) und gegen das türkische Vollzugsgesetz Nr. 5275, so die DEM-Politiker:innen.
In dem Antrag wird das Justizministerium aufgefordert, „die Grundsätze des universellen Rechts anzuerkennen und sicherzustellen, dass Abdullah Öcalan und die anderen Verurteilten Veysi Aktaş, Ömer Hayri Konar und Hamili Yıldırım unverzüglich Besuch von Betreuern, Familienangehörigen und Anwälten erhalten“.