Eine Delegation unter der Leitung des Europavertreters der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Abdulkarim Omar, hält sich derzeit für Gespräche zur Lage in Syrien im Europäischen Parlament in Straßburg auf. Die Abordnung, zu der auch die DEM-Vertreter Eyüp Doru und Fayik Yağızay sowie der HDP-Vorsitzende Cahit Kırkazak gehören, kam am Montag mit Mitgliedern der Linken zusammen. Thema des Gesprächs, an dem auch die Ko-Vorsitzenden der europäischen Linksfraktion, Manon Aubry und Martin Schirdewan teilnahmen, waren die neuen Machtverhältnisse in Syrien nach dem Sturz von Langzeitherrscher Baschar al-Assad durch die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die andauernden Angriffe der Türkei und ihrer Proxytruppe SNA gegen die DAANES und damit einhergehende politische, militärische, humanitäre, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Probleme sowie die zunehmende Bedrohung durch den sogenannten Islamischen Staat (IS).
Abdulkarim Omar forderte mit Nachdruck die Entsendung einer Delegation der Linksfraktion nach Rojava. Es sollte klar sein, dass die Existenz von Rojava „auf jeden Fall“ geschützt werden müsse, betonte er. „Sollte das demokratische Autonomieprojekt in der Region nicht verteidigt werden, droht in Syrien ein zweites Libyen. Eine neue Struktur, die die vielfältigen ethnischen und religiösen Gruppen wie die Kurden, Drusen oder Alawiten nicht miteinbezieht, wird Syrien dem radikalen Islam überlassen“, so Omar.
Die größte Bedrohung für Rojava bleibe neben dem IS weiter die Türkei, fuhr der DAANES-Repräsentant fort. Omar fordert Handeln für ein Ende der Angriffe und einen langfristigen Waffenstillstand in Syrien. „Wenn es so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es zu einer unabwendbaren humanitären Katastrophe und grenzenlose Fluchtwellen von Millionen Menschen kommt“, warnte der Politiker. Sollte die DAANES zerschlagen werden, bedeute dies auch das Ende von Frauen- und Menschenrechten, Minderheitenschutz, Demokratie und Gleichberechtigung.“ Die militärischen Kräfte von Rojava würden sich „in jedem Fall“ verteidigen, ganz gleich, von welcher Seite der Angriff ausgehe, fuhr Omar fort. „Bisher haben wir auf der Grundlage der legitimen Selbstverteidigung gegen alle Arten von Angriffen agiert. Das tun wir auch weiterhin und insbesondere jetzt, da Kobanê akut bedroht ist. Die europäischen Länder müssen ihre Rolle bei der Lösung dieser Krise spielen und sich für ein Ende der Gewalt einsetzen“, so Omar.
Syrien-Debatte mit Kaja Kallas
Im Anschluss an die Rede Omars beantwortete die Delegation Fragen von Abgeordneten aus Frankreich, Deutschland, Schweden, Dänemark, Griechenland und Portugal zu den derzeitigen Entwicklungen in Syrien, in erster Linie in der Autonomieregion des Landes. Am heutigen Dienstag wird die Abordnung dann mit den Grünen im EU-Parlament zusammentreffen. Außerdem steht die Teilnahme an einer Debatte von Abgeordneten mit der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas über die jüngsten Entwicklungen in Syrien, ihre geopolitischen Auswirkungen und die humanitäre Lage in der Region auf dem Programm.