Bundesweite Proteste gegen türkische Chemiewaffen - UPDATE

In mehreren deutschen Städten haben Kurdinnen und Kurden am Samstag wieder gegen den Einsatz von chemischen Kampfmitteln bei Angriffen der türkischen Armee in Südkurdistan protestiert.

In mehreren deutschen Städten haben Kurdinnen und Kurden am Samstag wieder gegen den Einsatz von chemischen Kampfmitteln bei Angriffen der türkischen Armee in der Kurdistan-Region Irak (KRI) protestiert. Aufgerufen zu den Demonstrationen hatte der bundesweite Dachverband der kurdischen Vereine KON-MED. Die Organisation fordert ein Handeln der Staatengemeinschaft und internationaler Institutionen gegen die Chemiewaffenangriffe der Türkei gegen die Guerilla im südlichen Kurdistan ein, von denen auch die Zivilbevölkerung betroffen ist. Schon länger berichten kurdische Organisationen von Chemiewaffeneinsätzen bei der türkischen Invasion in der KRI, die seit einigen Wochen eskalieren. Von den westlichen Regierungen und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) gibt es angesichts dieser Kriegsverbrechen nur beredtes Schweigen.

Demo und Kundgebung in Hamburg

Trauer, Wut und Betroffenheit trieb viele Kurd:innen, türkische Linke und einige wenige deutsche Freund:innen auf die Straßen Hamburgs. Den dritten Samstag in Folge waren die Unterstützer:innen der kurdischen Befreiungsbewegung in der Innenstadt, um die Giftgasmorde an Angehörigen der Guerilla zu thematisieren und das Schweigen zu durchbrechen. Heute traf man sich vor dem Saturn, wo Schilder mit Bildern der ermordeten Kämpfer:innen hochgehalten wurden. Als an der Mönckebergstraße ein türkischer Faschist den Wolfsgruß zeigte, ließen sich die Jugendlichen nicht mehr bremsen und wollten ihrer Wut freien Lauf lassen. Dadurch entstand Tumult, die Polizei ließ die Demonstration nicht weiterlaufen. In der Folge kam es zu einer langen Kundgebung vor dem Rathausmarkt, auf der die kurdischen Künstler:innen Jiyan und Hêja die Zeit nutzen, um revolutionäre Lieder zu singen.


„Es ist die kurdische Realität, dass schon kleine Kinder mit den Bildern von Gefallenen auf Demonstrationen herumlaufen“, so eine Teilnehmerin der Demonstration. „Wir sind diejenigen, die Frieden wollen, diejenigen die Gewalt ablehnen, aber wir werden sogar in unserer Trauer um die Toten, hier auf der Straße von türkischen Faschisten angegriffen“, erklärte die Sprecherin der Demonstration den zahlreichen Passant:innen, die der eindrucksvollen Kundgebung zuhörten.

„Die-In“ in Freiburg

In Freiburg machten kurdische Demonstrierende mit einer aufsehenerregenden Protestaktion in der Innenstadt auf die Folgen von Chemiewaffenangriffen in Kurdistan aufmerksam. Eine Gruppe dazu stellte mehrere gelbfarbene Kanister aus, die Behältnisse mit Chemikalien symbolisieren sollten. Dann legten sich die Aktivist:innen in den gezogenen Kreis zu einem „Die-In“ wie tot auf das Pflaster. Sie trugen weiße Schutzanzüge als Symbol für die chemischen Angriffe. In einer bei dem Protest vorgetragenen Erklärung wurde gefordert, die Vorwürfe über den Einsatz geächteter Kampfstoffe zu untersuchen und den Einsatz verbotener Kriegsmittel durch die Türkei zu verhindern.


Faschisten provozieren auch in Stuttgart

In Stuttgart wurde ebenfalls mit einer Demonstration gegen Chemiewaffenangriffe in Kurdistan protestiert. Auch hier trugen zahlreiche Menschen weiße Schutzanzüge. „Nein zur türkischen Invasion in Südkurdistan“ gehörte zu den Parolen, die häufig skandiert wurden. In einer Rede wurde betont, dass der Einsatz von Chemiewaffen durch die türkische Armee in kurdischen Siedlungsgebieten nicht nur gegen das Völkerrecht verstößt, sondern auch den Tatbestand des Ökozids erfüllt. „Diese Waffen zerstören die Umwelt Kurdistans; Vergiftungen von Mensch und Tier sind die Folge. Der türkische Staat muss geächtet werden.“


Demonstration in Köln

Auch eine Demonstration in Köln warf der Türkei den Einsatz chemischer Waffen im Kampf gegen das kurdische Volk vor und bezeichnete die in der KRI dominierende Demokratische Partei Kurdistans (PDK) als „Kollaborateurin des Aggressors Recep Tayyip Erdogan“. Mehrere Redner:innen kritisierten zudem die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) für ihr „Desinteresse“ an einer Aufklärung der Vorwürfe der kurdischen Seite, wonach die türkische Armee seit Monaten wieder faktisch ununterbrochen auf international verbotene Kriegsmittel bei der „grenzüberschreitenden Aufstandsbekämpfung“ zurückgreift. Bis heute hat die OPCW nicht auf diese Anschuldigungen reagiert und begründet ihre Untätigkeit damit, dass sie nur auf Antrag eines Staates aktiv werden könne. „Das kann nicht akzeptiert werden. Wir werden so lange auf die Straße gehen, bis die OPCW von ihrer Parteilichkeit abrückt und ihren Pflichten nachkommt“, sagte der KON-MED-Vorsitzende Engin Sever.


Protest in Darmstadt

An einer kämpferischen Demonstration in Darmstadt beteiligte sich auch Leyla Imret, ehemalige Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Cizîr. Die Politikerin und Deutschland-Chefin der HDP sagte, Giftgaseinsätze der türkischen Armee gehörten in Kurdistan zum Alltag. Diese gefährliche Routine werde daran deutlich, dass Kurdinnen und Kurden seit Jahren auf die Straße gingen, um Angriffe der Türkei mit verbotenen Waffen anzuprangern, aber weltweit auf Desinteresse und Schweigen stießen. „Dieses Schweigen gilt es zu brechen“, sagte Imret. Die kurdische Gesellschaft beharre darauf, dass bei der OPCW eine Untersuchung zu den Vorwürfen beantragt wird, die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei durch den Westen offen verurteilt werden, die Komplizenschaft mit dem Erdogan-Regime beendet wird und Sanktionen für Ankara auf den Weg gebracht werden.

 

Demonstration in Bielefeld

 

Demonstration in München

 

Im europäischen Ausland gab es ebenfalls Demonstrationen, Aktionen und Kundgebungen gegen die Chemiewaffenangriffe auf Kurdistan:

Wien / Österreich


Den Haag / Niederlande


Oslo / Norwegen


Paris / Frankreich

 

Abenddemonstration der Jugendbewegung in Wien

 

Marseille / Frankreich

 

Limassol / Zypern

 

Athen / Griechenland

 

Lausanne / Schweiz

 

Zürich / Schweiz

 

Bregenz / Österreich