Boğaziçi-Solidarität: Studentin wegen Volksverhetzung verhaftet

Die Studentin Beyza Buldağ ist im Zusammenhang mit einem offenen Brief an Staatspräsident Erdoğan verhaftet worden. Sie wird beschuldigt, über den Twitter-Account der Boğaziçi-Solidarität Volksverhetzung betrieben zu haben.

Mit Beyza Buldağ ist in der Türkei eine weitere Studentin im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Einsetzung eines Zwangsverwalters an der Istanbuler Boğaziçi-Universität verhaftet worden. Sie wird beschuldigt, „das Volk offen zu Hass und Feindschaft aufzuhetzen“, also Volksverhetzung betrieben zu haben. Gemeint ist der „Offene Brief an den 12. Staatspräsidenten“, der von der Initiative Boğaziçi-Solidarität über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet wurde. Buldağ ist eine ehemalige Studierende der Hochschule und hat das Konto der Initiative vor gut einem Jahr erstellt.

Zugriff habe sie aber nicht mehr. Bevor sie 2020 an die ebenfalls in Istanbul liegende Mimar-Sinar-Universität für schöne Künste wechselte, gab sie den Account ab. Das geht aus dem Protokoll der richterlichen Vernehmung hervor, das ANF vorliegt. Als Beweis gegen Buldağ wurde herangezogen, dass die letzten beiden Ziffern der von der Boğaziçi-Solidarität bei Twitter hinterlegten Telefonnummer identisch mit den zwei Endzahlen ihrer eigenen Rufnummer seien.

Beyza Buldağ wurde am Sonntagfrüh bei einer Hausdurchsuchung in der Küstenprovinz Izmir in Gewahrsam genommen und nach Istanbul gebracht. Als Festnahmegrund nannte die Polizei zunächst die Gründung einer WhatsApp-Gruppe für Protestaktionen im Zusammenhang mit dem Widerstand der Boğaziçi-Studierenden. Erst im Laufe des Tages wurde bekannt, dass die Studentin verdächtigt wird, die Twitter-Beiträge der Boğaziçi-Solidarität verfasst und damit den Brief in Umlauf gebracht zu haben.  

Haftgründe: „Fluchtgefahr und dringender Tatverdacht“

Vor Gericht wies Buldağ, die Mitglied der Sozialistisch-Revolutionären Jugend (SDG) ist, die Anschuldigungen gegen sie zurück und forderte freigelassen zu werden. Auch ihr Rechtsbeistand erhob Einwände gegen die Festsetzung der Studentin und verlangte Freispruch. Der Richter verwarf alle Gegenargumente und erließ aufgrund von „Fluchtgefahr“ und „dringendem Tatverdacht“ einen Haftbefehl gegen Buldağ. In welches Gefängnis sie gebracht wurde, ist noch unklar.

Inzwischen zehn Studierende in Haft

Mittlerweile befinden sich zehn Personen im Zusammenhang mit den Studierenden-Protesten rund um die Boğaziçi-Universität in Untersuchungshaft. Nach Buldağ wurde am Sonntag auch Muhammed Ünal hinter Gittern geschickt. Der in Istanbul lebende Kurde ist Mitglied des Jugendrats der Demokratischen Partei der Völker (HDP). Ihm wird vorgeworfen, den offenen Brief an Recep Tayyip Erdoğan in den sozialen Medien unterstützt zu haben. Ünal befindet sich inzwischen im T-Typ-Gefängnis Metris.