Bielefeld: Dokumentation türkischer Kriegsverbrechen

In Bielefeld hat Duygu Yildiz über ihre Erlebnisse in den vom türkischen Militär belagerten Städten in Nordkurdistan berichtet, bei denen die Fotoausstellung „Nordkurdistan: Ungehorsam, Widerstand, Unterdrückung“ entstanden ist.

Das Café Exil und die kurdischen Studierendenverbände YXK/JXK veranstalteten am Montagabend einen Vortrag mit der Fotojournalistin Duygu Yildiz, die über die Hintergründe der Fotoausstellung „Nordkurdistan: Ungehorsam, Widerstand, Unterdrückung“ referierte.

Duygu Yildiz selbst hielt sich zwischen Ende 2015 und Mitte 2016 in den von der Ausgangssperre betroffenen und mehrheitlich kurdisch besiedelten Städten Cizîr (Cizre), Nisêbîn (Nusaybin), Silopî, Şirnex (Şırnak) und Amed (Diyarbakir) auf. Dort dokumentierte sie ihre Kriegserfahrungen und die Verbrechen des türkischen Staates mit ihrer Kamera, deren Beweise sie mit der Öffentlichkeit teilen möchte.

Vor Ort lebte sie für mehrere Monate unter der Zivilbevölkerung und besuchte Gebiete, die besonders während der Ausgangssperre zum Zentrum von faschistischer Gewalt und bestialischer Kriegsführung der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung wurden.

Kurdische Städte verwüstet

Nachdem der Kanton Kobanê in Rojava im September 2014 vom türkisch-gestützten „Islamischen Staat“ angegriffen wurde, löste dies Massendemonstrationen und Aktionen des zivilen Ungehorsams auf den Straßen Nordkurdistans aus. Besonders die historische Altstadt Sûr, ein Viertel in Amed mit einer Geschichte, die hunderte Jahre zurückführt, geriet mit ihrem Aufstand ins Visier des türkischen Staates. Der türkische Staat führte einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Es wurden Ausgangssperren verhängt und ein Ausnahmezustand ausgerufen.

Im Zuge der Ausgangssperren wurden ganze Städte bombardiert und niedergebrannt. Hunderte Menschen wurden willkürlich getötet, Panzer überfuhren Menschen, Polizeiaufgebote überwachten die Städte, Strom und Wasser wurden abgestellt, Läden und Häuser wurden geplündert, Scharfschützen positionierten sich auf Hochhäusern und schossen wahllos auf Kinder, Soldaten hinterließen Minenfallen auf den Straßen und auch IS-Kämpfer kamen zum Einsatz gegen die Zivilbevölkerung.

Zum Zeitpunkt der Ausgangssperre reiste die Fotojournalistin Duygu Yildiz gemeinsam mit Journalist*innen aus Europa in die betroffenen Städte und berichtete anschließend von den zivilen Aufständen, von blutigen Straßenkämpfen zwischen Bevölkerung und Militär, Verhaftungen, Polizeiwillkür, staatlicher Brandstiftung und systematischen Massakern.

Sie erzählte zudem von verschwiegenen Kriegsverbrechen wie in Cizîr, wo das türkische Militär unzählige Menschen in Kellern gefangen hielt, folterte, anschließend verbrannte und unter den Trümmern der zerstörten Häuser verschwinden ließ.

Nordkurdistan: Endloses Leid und furchtloser Widerstand

Hunderte Jugendliche und Studierende schlossen sich in dieser Zeit der rebellischen und militanten YPS und der kurdischen Freiheitsbewegung an. Duygu Yildiz erzählte über ihre Geschichten, über ihre Gründe, weshalb diese jungen Menschen ihr Studium abbrachen und sich dem bewaffneten Kampf gegen die türkisch-faschistischen Besatzereinheiten anschlossen. Weitere hunderte Zivilist*innen leisteten mit handgemachten Waffen und Barrikaden einen entschlossenen und mutigen Widerstand gegen die bewaffneten Militäreinheiten.

Auch die Referentin Duygu Yildiz selbst erlebte Folter in türkischen Gefängnissen und erzählte von Nahtod-Erfahrungen in den Kriegsgebieten. 

Mit ihrem Vortrag konnte Duygu Yildiz den verschwiegenen Alltag inmitten eines faschistischen Terrorstaates schildern, Unterschiede zur europäischen Realität aufzeigen und einen Einblick in den organisierten zivilgesellschaftlichen Widerstand in den Städten Nordkurdistans geben.