Bewegendes Gedenken an Salih Cizîr und Hüseyin Akdağ

Ausgerichtet vom Verband der Angehörigen von Gefallenen und Verschwundenen, ist in Dortmund an Salih Cizîr und Hüseyin Akdağ gedacht worden. Die kurdischen Revolutionäre kamen vor einem Jahr bei Luftangriffen der Türkei in Südkurdistan ums Leben.

Ausgerichtet vom Verband der Angehörigen von Gefallenen und Verschwundenen (KOMAW), hat in Dortmund eine Gedenkfeier für Salih Cizîr (Hasan Adir) und Hüseyin Akdağ (Selman Bozkur) stattgefunden. Die Revolutionäre galten als bedeutende Persönlichkeiten für den kurdischen Befreiungskampf. Beide kamen am 5. Juni 2021 bei türkischen Luftangriffen in der Kurdistan-Region Irak ums Leben.

Es war ein bewegendes und emotionales Gedenken. Unter den vielen Gästen, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren, um den ermordeten Revolutionären die Ehre zu erweisen, waren auch Vertreterinnen und Vertreter der kurdischen Politik und Zivilgesellschaft, darunter der frühere HDP-Abgeordnete Faysal Sarıyıldız sowie führende Mitglieder der Organisationen KON-MED, TJK-E, NAV-YEK, CÎK und KCKD-E.

Die Veranstaltung für begann mit einer Schweigeminute, anschließend wurde den in Deutschland lebenden Angehörigen von Salih Cizîr seine Gefallenenurkunde übergeben. Für seine Ehefrau und Weggefährtin Suphiye Adir war es ein bewegender Moment, den sie nur unter großen Mühen in Worte fassen konnte. Weitere Familienmitglieder traten ebenfalls auf die Bühne und beschrieben ihre Gefühlslage als Hinterbliebene.


Im weiteren Verlauf wurde eine Botschaft der in Nordkurdistan lebenden Familie von Hüseyin Akdağ verlesen. „Wir sind mit ganzem Herzen bei euch. Euer Weg ist unser Weg. Es fällt schwer, in Worte zu fassen, was wir fühlen. Wir haben Hüseyin geliebt, so wie alle anderen, die ihn kannten. Es ist unsere Pflicht, ihm und allen anderen Gefallenen gegenüber eine ihnen angemessene Haltung einzunehmen. Unsere Sehnsucht nach Hüseyin und all den anderen wird sich nicht stillen lassen“, hieß es in der Botschaft.

Anschließend wurden Redebeiträge gehalten. Yüksel Koç, Ko-Vorsitzender des kurdischen Europaverbands KCDK-E, sagte: „Unsere Verbundenheit gilt dem Weg unserer Freunde Salih und Hüseyin, deren Ideal die Freiheit war. Sie gingen diesen Weg für uns und schlossen sich der Karawane der Gefallenen an. Wir werden das Gedenken an sie stets wachhalten.“ Jinda Pazarcık von der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) erinnerte daran, dass Salih Cizîr fünf Jahre seines Lebens in deutschen Gefängnissen verbringen musste, weil er sich dem Befreiungskampf seines Volkes verschrieben hatte. „Als TJK-E ist es unsere Aufgabe, Hevalê Salihs Ziele zu verwirklichen“, sagte die Aktivistin.

Die kurdischen Politiker Remzi Kartal (KNK) und Zübeyir Aydar (KCK) übermittelten eine Trauerbotschaft und sprachen den Angehörigen von Salih Cizîr und Hüseyin Akdağ ihr Beileid aus. Das letzte Wort auf der Gedenkveranstaltung sprach der Aktivist Çekdar Botan: „Salih Cizîr mag mein Onkel gewesen sein, doch uns verband eine tiefe Freundschaft. Wir waren Weggefährten. Diejenigen, die genauso für ihn empfanden, ließen seinen Tod nicht unerwidert: Die Mörder haben bekommen, was sie verdienten. Dieser vollkommene Kampf hat für uns eine sehr tiefe Bedeutung. Es lebe der Widerstand im Zap.“

Über Salih Cizîr

Salih Cizîr wurde 1962 in Cizîr (tr. Cizre) geboren ist. Er machte eine Ausbildung zum Tischler und eröffnete eine eigene Werkstatt in seiner Geburtsstadt. Der Vater von vier Kindern hatte seit 1986 engen Kontakt mit der kurdischen Befreiungsbewegung. Sein später gefallener Bruder Çekdar schloss sich im selben Jahr der PKK an. Salih Cizîr wurde 1988 in der kurdischen Bewegung aktiv und noch im selben Jahr verhaftet, weil ein Überläufer gegen ihn ausgesagt hatte. Nach einem Jahr im Gefängnis setzte er seine politische Arbeit fort und war maßgeblich an den Volksaufständen im Jahr 1990 beteiligt. Zu Newroz wurde er erneut festgenommen und schwer gefoltert. 1991 verließ er die Türkei und zog nach Deutschland.

Danach war er lange Zeit in verschiedenen Arbeitsbereichen in Europa aktiv. Aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit wurde er in Deutschland zweimal verhaftet und war ungefähr fünf Jahre im Gefängnis. Zuletzt engagierte er sich im Verein KOMAW. 2015 kehrte er schließlich zurück nach Kurdistan. In den Bergen nahm er 2016 an einem Bildungsprogramm in der nach Sakine Cansiz benannten PKK-Akademie teil. Danach ging er nach Mexmûr und setzte seine revolutionäre Arbeit bis zu seinem Tod mit großer Entschlossenheit fort.

Wer war Hüseyin Akdağ?

Hüseyin Akdağ wurde 1972 in Hezo bei Êlih (Batman) geboren und wuchs in Amed (Diyarbakır) auf. Er studierte Medizin an der Dicle-Universität und bekam während seines Studiums Kontakt zur kurdischen Befreiungsbewegung. 1992 schloss er sich der PKK an und war bis 1995 in der Frontarbeit in Kurdistan und der Türkei aktiv. 1996 war er an der PKK-Akademie und wurde von Abdullah Öcalan ausgebildet. Danach ging er als Guerillakämpfer in die Berge und hielt sich unter anderem in den Regionen Zap, Gare, Zagros und Xinêre auf.