Berliner Studierende fordern Boykott türkischer Universitäten

Die Studierendenschaft Berlin hat gestern auf einer Vollversammlung den akademischen Boykott aller regimetreuen türkischen Hochschulen gefordert.

Gestern fand eine Vollversammlung der Berliner Studierendenschaft an der Humboldt Universität statt. In einer gemeinsamen Erklärung riefen die Studierenden zum akademischen Boykott regimetreuer türkischer Universitäten auf. Im Folgenden dokumentieren wir die Resolution der Berliner Studierenden:

„Wir, die versammelte Studierendenschaft Berlins, fordern im Folgenden von allen Berliner Hochschulen, sich am akademischen Boykott aller regimetreuen türkischen Universitäten zu beteiligen. Wir rufen die Berliner Hochschulen einerseits dazu auf, unseren inhaltlichen Forderungen sofort nachzukommen. Andererseits fordern wir von den einzelnen Berliner Hochschulen die Unterstützung bei der Durchsetzung unserer Forderungen gegenüber anderen Hochschulen. Hiermit rufen wir alle Studierenden bundesweit dazu auf, den akademischen Boykott regimetreuer türkischer Universitäten auch an ihren Hochschulen umzusetzen.

1. Wir fordern die Berliner Hochschulen dazu auf, den völkerrechtswidrigen Angriff der Türkei auf die Demokratische Konföderation Nord- und Ostsyrien – Rojava öffentlich zu verurteilen.

2. Wir fordern die Berliner Hochschulen dazu auf, ihre Partnerschaften mit türkischen Universitäten und den Umfang dieser Partnerschaften öffentlich transparent zu machen. Wir fordern die Berliner Hochschulen auf, ihre Partnerschaften mit regimetreuen türkischen Universitäten, die nationalistische, patriarchale, kurdenfeindliche, allgemein diskriminierende und kriegsverherrlichende Inhalte verbreiten, aufzukündigen. Als regimetreue Universitäten verstehen wir solche Universitäten, die unter anderem kritische Studierende und Wissenschaftler*innen politisch verfolgen, oder mit der Waffenindustrie kollaborieren.

3. Wir fordern das Präsidium der Humboldt Universität zu Berlin unter der Präsidentin Prof. Dr. Sabine Kunst, auf, die gestellten Strafanzeigen gegen die Aktivist*innen, die das Institut für Sozialwissenschaften der HU am 24. Oktober 2019 aus Protest gegen den Angriffskrieg der Türkei auf Rojava besetzt hatten, zurückzunehmen.

4. Wir fordern den sofortigen Stopp jedweder Kollaboration zwischen Berliner Hochschulen und dem Higher Education Council (YÖK), weil eine staatliche und geheimdienstliche Einmischung in universitäre Belange nach unserem Verständnis ein freies und sicheres Lernen unmöglich macht.

5. Wir fordern von den Berliner Hochschulen den finanziellen und personellen Ausbau von Programmen und Projekten, die von Verfolgung bedrohte Menschen und exilierte Dissident*innen unterstützen und die gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Hintergründen von Exil und Verfolgung fördern und umsetzen. Programme, wie zum Beispiel uni assist, die es Menschen zum Teil verunmöglichen, an deutschen Hochschulen zu studieren, sind umgehend abzuschaffen. 

6. Wir fordern die Berliner Hochschulen auf, sich von Personen zu distanzieren, die im Rahmen ihrer akademischen Tätigkeiten die Politik der aktuellen türkischen Regierung befürworten und stützen. Dies schließt die Aufkündigung akademischer Ehrungen mit ein.

7. Wir fordern die Leitungen der verschiedenen Berliner Hochschulen auf, ihr Hausrecht dahingehend zu nutzen, keine Polizei im Dienst bei studentischem Protest in die Hochschulen reinkommen zu lassen. Studentischer Protest muss als Teil einer freien, kritischen Selbstbildung genau wie die reguläre Lehre geschützt werden.

8. Wir fordern die Anerkennung und Würdigung der Universitäten der Demokratischen Konföderation Nordostsyriens – Rojava sowie eine intensive Kooperation der Berliner Hochschulen mit diesen. Dies schließt die Anerkennung der an diesen Universitäten zu erreichenden Abschlüsse, sowie Austausch- und Förderprogramme mit ein.

9. Wir fordern von den Berliner Hochschulen, die Zivilklausel zu stärken und durchzusetzen, und damit einhergehend Kooperationen mit und Forschungsprojekte für jedwede Militärindustrie einzustellen. Diese Zivilklausel ist um Forschung und Entwicklung jedweder konkreten oder für diese Zwecke nutzbarer Überwachungs- und Repressionstechnologie zu erweitern. Es ist an jeder Hochschule ein Gremium einzurichten, dass die Einhaltung dieser Zivilklausel recherchiert und überwacht. 

10. Die Berliner Hochschulen sind aufgefordert, ihre Finanzen öffentlich zugänglich zu machen.“