Barzanîs Türkei-Besuch stößt in Südkurdistan auf Kritik

Der Türkei-Besuch von Neçîrvan Barzanî hat in Südkurdistan und dem Irak eine Diskussion ausgelöst.

Obwohl es überhaupt nicht auf dem Programm stand, hat Neçîrvan Barzanî als Präsident der Autonomieregion Südkurdistan am Freitag mit einer Abordnung plötzlich Ankara besucht. Dass es bei dem Spontanbesuch zu Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu und anschließend mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan kam, hat im Irak und in Südkurdistan eine Debatte ausgelöst.

Offizielle Stellungnahmen der südkurdischen Parteien Goran, YNK, Komeleya Îslamî oder Yekgirtûya Îslamî sind zwar nicht erfolgt, aber einzelne Parlamentarier und Politiker haben sich in Online-Netzwerken dazu geäußert. Kritisiert wurde vor allem, dass die Vizepräsidenten, die den Parteien Goran und YNK angehören, nicht Teil der Delegation waren. Außerdem wurden Bedenken geäußert, worüber bei dem Besuch im Zusammenhang mit dem Abkommen zwischen der Türkei und Neçîrvan Barzanî zu den Angriffen auf die PKK gesprochen worden ist.

Die Delegation bestand neben Neçîrvan Barzanî aus Fevzî Herîrî, Kerîm Şengalî, Sefîn Dizeyî und Felah Mûstefa. Keiner von ihnen steht dem PDK-Vorsitzenden Mesûd Barzanî oder dem Regierungschef Mesrûr Barzanî nahe. Diese Tatsache verweist auf interne Widersprüche. In den digitalen Netzwerken wurde die Vermutung geäußert, dass Mesûd Barzanî, der einen anderen Flügel innerhalb der PDK repräsentiert, und sein Sohn Mesrûr in der kommenden Zeit einen anderen Vorwand für einen eigenen Türkei-Besuch finden könnten. Politische Beobachter*innen gehen davon aus, dass Erdoğan versucht, von den Konflikten im Barzanî-Clan zu profitieren.

Reaktionen irakischer Parlamentarier

Der Türkei-Besuch von Neçîrvan Barzanî ist auch auf Kritik von Abgeordneten des irakischen Parlaments gestoßen. Schiitische Abgeordnete interpretieren den Besuch dahingehend, dass Barzanî nach Ankara gereist ist, um die Erdoğan-Regierung über die Inhalte der in Bagdad mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron geführten Gespräche zu informieren. Damit habe der südkurdische Präsident irakisches Gesetz gebrochen.

Kurdische Abgeordnete haben unterdessen angekündigt, Barzanîs Türkei-Besuch zu einer Zeit, in der der türkische Staat täglich Luftangriffe im Irak durchführt und dabei Zivilisten tötet, im irakischen Parlament einzubringen. Der Abgeordnete Hoşyar Ebdullah erklärte dazu: „Bei den täglichen Bombardierungen sterben Menschen. Mit diesem Besuch wird so getan, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Das ist eine große Respektlosigkeit den Opfern gegenüber.“ Serkewt Şemseddin, ein weiterer kurdischer Abgeordneter, will im Parlament nach dem Zweck des Besuchs fragen.