BAMF bringt LSBTIQ-Flüchtlinge in Lebensgefahr

Als Reaktion auf die Vorwürfe, die der Lesben- und Schwulenverband in der vergangenen Woche gegen deutsche Behörden erhoben hat, hat die Bundesregierung eingeräumt, die sexuelle Orientierung von Schutzsuchenden ihren Herkunftsländern mitgeteilt zu haben.

LSBTIQ*-Flüchtlinge (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, Inter* und queere Menschen) gehören zu den besonders vulnerablen Gruppen. In vielen Ländern werden gleichgeschlechtliche Beziehungen mit Körperstrafen bis hin zur Todesstrafe sanktioniert. Nach Zahlen des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) werden in 70 Staaten der Welt gleichgeschlechtliche Handlungen kriminalisiert, in elf Ländern ist sogar die Todesstrafe möglich.

Viele Menschen müssen aufgrund von Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung vor staatlicher oder nichtstaatlicher Gewalt fliehen. Angekommen in Deutschland sind sie gezwungen, ihre sexuelle Orientierung nachvollziehbar zu beweisen. Sollte bei den Anhörungen den Betroffenen keinen Glauben geschenkt werden, droht ihnen die Abschiebung. Nachforschungen über die Angaben von Asylsuchenden tätigt unter anderem das Auswärtige Amt.

Jelpke: BAMF bringt Asylsuchende in Gefahr, anstatt sie zu schützen

Ein Schreiben der Bundesregierung an den LSVD bestätigt, dass Nachforschungen von Vertrauensanwälten des Auswärtigen Amts, die im Auftrag des BAMF tätig wurden, zum zwangsweisen Outing homo- und bisexueller Geflüchteter in ihrem Herkunftsland geführt. Der LSVD begrüßt die Aussage der Bundesregierung, künftig umsichtiger vorzugehen, und erklärt: „Im BAMF scheint es eine fast schon paranoide Angst davor zu geben, dass Asylsuchende nur vortäuschen, lesbisch oder schwul zu sein, sodass auch reihenweise tatsächlich lesbischen, schwulen und bisexuellen Geflüchteten ihre Identität abgesprochen wird. Wie die Outing-Fälle jedoch gezeigt haben, stellen Nachforschungen in den Herkunftsländern Geflüchteter, in denen zumeist homosexuelle Handlungen unter Strafe stehen und sexuelle und geschlechtliche Vielfalt streng tabuisiert ist, in keinem Falle ein probates Mittel dar, um die sexuelle Orientierung queerer Geflüchteter zu überprüfen.“

Damit werden die Betroffenen und ihre Familien im Herkunftsland oft in Lebensgefahr gebracht, insbesondere im Falle einer Abschiebung. Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion die LINKE, Ulla Jelpke, kritisiert diese Praxis als verfassungswidrig und fordert deren sofortige Beendigung: „Es darf nicht sein, dass das BAMF Asylsuchende in Gefahr bringt, anstatt sie zu schützen.“

Diskriminierende und demütigende Ermittlungen

Der Lesben- und Schwulenverband informiert aktuell über einen Fall, bei dem das BAMF einem iranischen Asylsuchenden anlastete, dass er binnen 20 Tagen nach seiner Ankunft in Deutschland noch nicht auf einer App nach anonymem Sex gesucht habe, obwohl er wisse, dass Homosexualität hier nicht strafbar sei. Daraus leitete die Behörde ab, dass er kein Interesse daran habe, seine Sexualität offen und frei zu leben. Als weiteres Indiz führte das BAMF an, dass der Asylsuchende in seiner Kindheit sexuelle Gewalt erlebt habe und sich aus Angst vor erneutem Missbrauch ‚vorsichtig‘ verhalte. Jelpke dazu: „Zwangsoutings sind leider nicht das einzige Problem beim Umgang mit den Asylgesuchen von schwulen, lesbischen und bisexuellen Geflüchteten. Auch Berichte darüber, dass Asylanträge noch immer mit der hanebüchenen Begründung abgelehnt werden, die Betreffenden könnten zur Vermeidung von Verfolgung ja ihre Sexualität geheim halten, reißen nicht ab. Dabei haben sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht das sogenannte Diskretionsgebot klar und unmissverständlich verworfen.

Der BAMF-Präsident muss dafür Sorge tragen, dass seine Behörde solch homophobe und menschenverachtende Begründungsweisen unterlässt, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beachtet und LSBTI-Geflüchteten endlich den Schutz gewährt, den sie brauchen.“