Wenige Tage vor den Wahlen am 24. Juni war es vergangene Woche in der kurdischen Stadt Pirsûs (Suruç) während einer von bewaffneten Bodyguards begleiteten Wahlkampftour des AKP-Abgeordneten Ibrahim Halil Yıldız zu einem Angriff auf Gewerbetreibende gekommen. Dabei wurden Hacı Esvet Şenyaşar, seine Söhne Celal und Adil Şenyaşar sowie einer der Angreifer getötet. Fadıl Şenyaşar, ebenfalls ein Sohn des getöteten Hacı Esvet Şenyaşar, war bei dem Angriff verletzt worden. Am Sonntag wurde er nach der Entlassung aus dem Krankenhaus verhaftet und ins Gefängnis überstellt. Sein Bruder Ferit befindet sich noch immer mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus. Gestern wurde bekannt, dass die Prozessakte zum Tod von Hacı Esvet Şenyaşar und seiner Söhne unter Geheimhaltung gestellt worden ist. Eine Einsicht in den Autopsiebericht war auch den Anwält*innen der Opfer nicht möglich. Heute wurde das Ergebnis der Autopsie dennoch bekannt. Der Bericht wurde der in Nordkurdistan ansässigen Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) zugespielt.
Darin heißt es, die Brüder Celal und Adil Şenyaşar seien aus nahem Abstand mit Schusswaffen getötet worden, während ihr Vater Hacı Esvet Şenyaşar durch scharfe Gegenstände getötet wurde.
Meisten Schüsse aus Nahabstand
Die Gerichtsmedizin stellte bei der äußeren Untersuchung des Körpers von Celal Şenyaşar Einschüsse von Kugeln aus mindestens sechs Schusswaffen verschiedenen Kalibers fest. Der erste Einschuss war demnach bereits tödlich, die weiteren Schüsse sollen nicht tödlich gewesen sein. Die Untersuchung der Ein- und Austrittswunden am Körper habe ergeben, dass die Schüsse aus dem Nahabstand abgefeuert wurden.
Die Aussage eines zur Todesursache zitierten medizinischen Experten im Bericht lautet: „Der Tod der Person trat durch einen Splitterbruch der Oberschenkelknochen durch das Projektil einer Schusswaffe und den damit einhergehenden inneren schweren Blutungen durch die Verletzung der Ader ein.“
Bei der äußeren Untersuchung seines Bruders Adil Şenyaşar wurden an 14 Stellen des Körpers Schnitt- und Stichverletzungen wie auch Schlagverletzungen mit harten Gegenständen festgestellt. Beim großen Teil der 14 Verletzungen handelt es sich nach Angaben der Gerichtsmedizin um schwere Verletzungen. Im Bericht heißt es, dass Şenyaşar extremer Gewalt ausgesetzt gewesen sei. Bei der Autopsie wurden in seinem Körper siebzehn Kugeln verschiedenen Kalibers festgestellt. Von diesen Projektilen waren fünf tödlich, die anderen hätten Verletzungen hervorgerufen, die aber nicht tödlich gewesen seien. Nur zwei der Geschosse wurden nicht aus dem Nahabstand abgefeuert.
Die Ärzte schreiben zur Todesursache: „Durch Verletzung durch Schusswaffenprojektile wurden das Schlüsselbein, die Rippen, die Wirbel und das Becken gebrochen sowie bestimmte innere Organe geschädigt. Es traten innere Blutungen ein, die zum Tod führten.“
Hacı Esvet Şenyaşar mit Schnittwerkzeugen umgebracht
Als er erfuhr, dass seine Söhne angegriffen wurden, war Hacı Esvet Şenyaşar zum Krankenhaus in Pirsûs geeilt. Dort wurde er von Angehörigen des AKP-Abgeordneten İbrahim Halil Yıldız angegriffen und schwer verletzt, wie auch Augenzeugen berichteten. Anschließend wurde er in das Krankenhaus 25. Dezember in der Stadt Dîlok (Antep) eingeliefert. Laut Autopsiebericht verstarb Şenyaşar am 15. Juni um 17.00 Uhr. Zur Autopsie wurde er um 18.45 Uhr gebracht.
Bei der äußerlichen Untersuchung stellten die Ärzte großflächige Schnittverletzungen in sieben lebenswichtigen Bereichen fest. Neben diesen sieben schweren Verletzungen wurden am Körper des Ermordeten weitere 23 nichttödliche Verletzungen festgestellt.
Im Bericht der Ärzte ist hier insbesondere von schweren Hirnverletzungen aufgrund von Schädelbrüchen, inneren Blutungen durch Verletzungen innerer Organe und eine Verletzung im Bereich der Lunge (Pneumothorax) als Todesursachen die Rede.
Nach Angaben von Augenzeugen war Şenyaşar von einem Mob gelyncht und mit schweren Gegenständen misshandelt worden.