Ausschreitungen in Flüchtlingslager auf Chios

Im völlig überfüllten Registrierlager Vial auf der griechischen Insel Chios ist es zu Ausschreitungen gekommen, die Polizei ging massiv mit Tränengas gegen Bewohner vor. Zuvor wurde eine 47-jährige Irakerin tot in einem Container gefunden.

Im überfüllten Registrierlager Vial auf der griechischen Insel Chios hat die Polizei in der Nacht zu Sonntag massiv Tränengas gegen Bewohner*innen eingesetzt. Wie örtliche Medien berichteten, sollen bei den Ausschreitungen überwiegend junge Migrant*innen mit Steinwürfen auf die Polizei reagiert und Feuer in einer Kantine und in einigen Zelten gelegt haben. Zudem seien Autos beschädigt worden. Die Feuerwehr habe nicht eingreifen können, da das Lager einem Schlachtfeld geglichen habe und die Polizei weiterhin Tränengas einsetzte. Die Lage habe sich erst am Morgen beruhigt, berichtete der Staatssender der Region Nordägäis. Drei Bewohner*innen wurden nach Polizeiangaben festgenommen.

Vial am Sonntagmorgen, Quelle: Efsyn

Die Spannungen begannen am späten Samstagabend, nachdem eine 47-jährige Irakerin tot in einem Container gefunden wurde, der von der Regionalverwaltung für medizinische Zwecke bereitgestellt worden war. Die Frau war dort seit Donnerstag zur Beobachtung untergebracht, nachdem sie nach einem negativen Test auf Covid-19 aus dem Krankenhaus auf Chios mit grippeähnlichen Symptomen entlassen worden war. Sie soll an Diabetes und Herzrhythmusstörungen gelitten haben, berichtet die griechische Tageszeitung Efsyn. Derzeit sei allerdings noch unklar, ob es einen offiziellen Befund über die Todesursache durch den forensischen Dienst des Krankenhauses der Insel geben wird. Bewohner*innen des Lagers werfen den Behörden jedenfalls vor, sich nicht ausreichend um die gestorbene Frau gekümmert zu haben.

Video: Efsyn

Im Registrierlager Vial leben mehr als 5.000 Menschen, obwohl es nur Platz für höchstens 1.000 Bewohner*innen gibt. Auch die anderen Camps auf Chios und den Inseln im Osten der Ägäis sind völlig überfüllt. Mehr als 39.000 Migrant*innen harren derzeit auf Lesbos, Samos, Leros, Kos und Chios aus. Noch im April vergangenen Jahres waren es nur 14.000 gewesen.

Anfang März hatten sich acht EU-Länder, darunter Deutschland, und die Schweiz schließlich bereit erklärt, insgesamt 1.600 unbegleitete Minderjährige aus den überfüllten Flüchtlingscamps aufzunehmen. Eine Gruppe von 42 Kindern und fünf Minderjährigen traf gestern in Hannover ein und wurde zunächst für eine 14-tägige Quarantäne in eine Einrichtung im Landkreis Osnabrück gebracht.

Menschenrechtsorganisationen und Kirchenvertreter*innen kritisieren allerdings die in Aussicht gestellte Rettung eines handverlesenen Teils unbegleiteter Kinder als unzureichend und fordern stattdessen die Evakuierung aller Schutzsuchenden und die Auflösung der Flüchtlingslager in Griechenland.